Der Bär gehört weg
Im Bett kann’s eh jeder treiben.
In der Fantasie ist ja vieles viel besser als im wirklichen Leben. In der Fantasie träumt der Mensch vom Sex im Hausflur, von dem One-Day-Stand im Aufzug, vom Blow-Job in einer Riesenradkabine oder von multiplen Orgasmen auf der Arbeitsfläche der schicken Wohnküche. Verständlich. Die Idee des Ortswechsels ist meist mit dem Nimbus des Exzessiven verknüpft. Wer statt im Doppelbett auf dem Klo einer Disco vögelt, kann sich ein „Leider geil“ an den Slip heften. Unbequem (und allenfalls unappetitlich) hin oder her: Wer will schon 08/15 sein? Im Bett kann’s eh jeder treiben. Die Realität stellt sich dann aber doch anders dar. Erst unlängst habe ich von einer Umfrage gelesen, die der Shopping-Club fab.de durchführen ließ. Der hat seine User nach den beliebtesten Möbelstücken für ein romantisches Get-together gefragt. Auf Platz eins landet da – mit 40 Prozent – immer noch das Bett. 32 Prozent outen sich als Sessel-Fans, 28 Prozent machen’s gerne auf dem Tisch und 27 Prozent schnackseln fröhlich auf dem Sofa. Immerhin 12 Prozent finden es angenehm, wenn sich während des Vögelns nicht nur das Becken bewegt – 12 Prozent präferieren die Hollywood-Schaukel. Meine Meinung? Ich finde jede Form des Experiments wunderbar und wichtig. Jeder Mensch sollte in seinem Leben möglichst spontan irgendwo außerhalb der Schlafzimmerwände Sex gemacht haben. Erinnerungen an den Koitus auf dem Esstisch, im Schwimmbad eines Fünfstern-Spas, auf der grünen Wiese, an den kalten Granit eines Waldviertler Wackelsteins gelehnt, im Moos, im Beserlpark, auf der Parkbank, im Dampfbad eines Hotels oder auf dem Balkon der gut einsehbaren Hof-Wohnung sind für die Ewigkeit.
Diese Bilder bleiben, wir können darüber lächeln, mit ihnen prahlen – in der Gewissheit, etwas gewagt und aus spontaner Lust getan zu haben. Wichtig, sehr wichtig für die sexuelle Lebensbiografie eines Menschen. Aber logisch, all diese Momente leben von der Magie des Seltenheitswerts. Sie sind kleine Edelsteine in der Kopulationskette, funkelnd und rar. Das macht sie so besonders. Geschähe das wöchentlich oder täglich, wär’s halb so lustig und spannend. Sondern wieder nur gewöhnlich. Abgesehen davon ist ein schönes, breites Bett sowieso das feinste Terrain für lustvolle Spielereien – wohl deshalb ist es auch so beliebt. Deshalb hat die Gestaltung des Schlafzimmers oberste Priorität. Es muss sexy sein – animierend. Für viele Menschen ist es leider nur ein Nebenschauplatz – eine Art Lagerstätte, für alles, was sonst im Weg steht: Heimtrainer, altes Gwand, neues Gwand, Zeitschriften, Kitsch. Ich kenne einige Frauen, die finden es immer noch total herzig, mit drei, vier lustigen Kuscheltieren, die sie irgendwann einmal im Prater beim Dosenschießen gewonnen haben, einzuschlafen. Ich frage mich nur, wer neben einer Diddl-Maus feucht werden kann? Ähnliche Abturner sind Heizdecken, Seidenblumengestecke und Wecker mit Hasenohren. Sehr heikel ist auch die Wahl des Bettzeugs: Überzüge mit kindischen Motiven – Autos, Bären, Schlümpfe oder Prinzessinnen – stehen unter Verdacht, Potenzkrisen auszulösen. Aber vielleicht ist das in manchen Fällen durchaus so gewollt.
gabriele.kuhn(at)kurier.at
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