Beige Vögeln

sex IN DER FREIZEIT: 19 Mal pro Tag
Sex in der Freizeit: Ein Mann, eine Frau – und ein Schlafzimmer. Im besten Fall der Auftakt zu einer feinen Geschichte. Im schlechtesten ein Fall für den Einrichtungsberater. Denn lustige Wandtattoos oder peinlicher Nippes auf dem Nachtkastl können sich als Libidokiller entpuppen.
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Lässt die Schlafzimmereinrichtung auf die sexuellen Gewohnheiten und Vorlieben der darin Ruhenden schließen? Es ist zu vermuten.

So dient das Intim-Ambiente etwa in Film, Fernsehen und Erotik-Literatur häufig als Stilmittel, um Sex, Exzess, Romantik oder Frust und Potenzstörungen zu untermalen. Die Wahl der Schlafzimmereinrichtung des Bürgermeisters und seiner Frau ( Robert Palf­rader, Maria Hofstätter) in der TV-Serie "Braunschlag" ist sicher nicht zufällig so gewählt. Ein Albtraum aus Rustikal-Eiche, der nur mit geschlossenen Augen zu ertragen ist. Oder mit viel Schnaps im Blut. Kein Wunder, dass es die Frau Bürgermeister eines Tages in den Kuschelklub drängt. Im S/M-Bestseller "Fifty Shades of Grey" wiederum schwingt der Buch-Hauptdarsteller Christian Grey in seinem "Raum der Schmerzen" bemüht die Peitsche. Und der ist, eh klar, flammenrot. So weit die Fiktion, so weit das Klischee.

Die Realität ist oft viel schlimmer. Die junge Kollegin K, zum Beispiel, hielt mich unlängst im Stiegenhaus auf, um mich mit bösen Erinnerungen zu speisen. "Ich muss das jetzt los werden. Der Typ aus dem Internet war ja voll nett, aber dann!" Dann landeten die zwei nach dem vierten Date und dem dritten Bier in seiner Wohnung. Und, nach zwei Songs und drei weiteren Wodkas, im Schlafzimmer. Dort zierte ein so genanntes Wandtattoo die Mauer hinter dem (Jugend?)Bett aus, ja, Kieferholz. Darauf war ein männliches Teufelchen dargestellt, das sich zwischen den Beinen eines lächelnden weiblichen Teufelchens zu schaffen machte. Darunter war ein Zitat von Oscar Wilde zu lesen: "Allem kann ich widerstehen, nur der Versuchung nicht."

Dem nicht genug. Am Nachtkastl registrierte K, schon ziemlich ernüchtert, eine Spardose, mit folgender Aufschrift: "Savin up for a Blowjob". Die Kollegin, sichtlich frustriert: "Bitte, darüber musst du unbedingt schreiben. Ich war in der Sekunde sowas von ungeil, hab unter Vortäuschung akuten Brechreizes die Flucht ergriffen und seine Kontaktdaten noch im Stiegenhaus gelöscht."

Man könnte an dieser Stelle natürlich predigen, dass die Fassade nicht zählt, dass es besser gewesen wäre, die inneren und unteren Werte des Herrn zu checken, bevor man davonläuft. Weil er sehr lieb, zärtlich, stubenrein und alltagstauglich ist. Möglicherweise aber hat Schopenhauer recht, der sagte: "Der Stil ist die Physiognomie des Geistes." Und vermutlich nicht nur das.

Lustig finde ich in diesem Kontext folgende Untersuchung, die ich unlängst entdeckte. Die britische Handelskette "Littlewoods.com", bei der es auch Inneneinrichtung zu kaufen gibt, hat erhoben, wie sehr Schlafzimmerfarben die sexuellen Aktivitäten beeinflussen. Das Ergebnis: Menschen, die ihr Schlafgemach in Purpurnuancen halten, haben 3,49-mal Sex pro Woche. Sexuell Aktive, die in Beige vögeln, nur 1,97-mal. Ganz schlecht kommt Grau mit mageren 1,8-mal. Auch das Material der Bettwäsche spielt eine erektile Rolle. Super bumst es sich auf/in Seide – mit immerhin 4,35 Akten pro Woche. Animierend wirkt Baumwolle. Daune schneidet schlecht ab – mit einer Quote von nur 1,8 pro sieben Tage. Geht gar nicht: Überzüge und Decken aus Polyester.

gabriele.kuhn(at)kurier.at

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