Was Fußballer vom Zirkus lernen können

Nur ein Auftritt pro Woche? Skifahrer und Artisten zeigen vor, dass mehr möglich sein muss.
Paul Scharner

Paul Scharner

Ein Profifußballer muss fähig sein, öfters als nur einmal pro Woche zu spielen.

von Paul Scharner

über den Frühjahrsauftakt

Der Winterschlaf ist beendet. Mitten im heißen Finale der Ski-WM in den USA startet bei uns das Bundesliga-Frühjahr.

Für mich der richtige Zeitpunkt, um meine Tätigkeit als KURIER-Kolumnist zu beginnen. Einmal im Monat, liebe Leserinnen und Leser, werde ich künftig meine Ansichten und Gedanken niederschreiben. Und zwar so, wie ich als Spieler war: Ehrlich, direkt und kompromisslos.

In Österreich wird heute nach acht Wochen Pause wieder angepfiffen. Ich habe als Spieler noch zwei andere Arten der Winterpause erlebt: Eine extrem lange in Norwegen und gar keine in England.

Mit Brann Bergen begann die Ganzjahresmeisterschaft im April und endete im November. Weil also über vier Monate pausiert wurde, gab es ein dreieinhalbmonatiges Vorbereitungsprogramm. So ähnlich wie bei den Skifahrern im Sommer. Ich möchte an dieser Stelle auch den österreichischen Medaillengewinnern gratulieren – Kompliment für diese großartigen Leistungen!

Mit Blick auf den Fußball stellt sich schon die Frage, warum bei uns nach einer langen Winterpause schon bald wieder über die Belastungen und englische Runden gejammert werden wird. Ein Profifußballer muss fähig sein, öfters als nur einmal pro Woche zu spielen.

Wie ist es sonst zu erklären, dass Anna Fenninger und Marcel Hirscher in zwei Wochen in vier Bewerben Bestleistungen erbringen? Dabei noch schneller sind als Spezialisten, die nur in einem WM-Rennen starten?

Wenn jemand entgegnet, dass die Ski-Superstars auf der Piste nur zwei Minuten lang auf 100 Prozent sein müssen, möchte ich auf den Cirque de Soleil hinweisen: Diese Artisten schaffen jeden Abend 90-minütige Vorstellungen. Hochkonzentriert. Zusätzlich müssen sie davor stundenlang trainieren, um das kommende Programm einzutrainieren.

Wie im Zirkus fühlen sich manchmal auch die Kicker in England. Wie vorhin erwähnt, gibt es auf der Insel keine Winterpause. Im Gegenteil, rund um Weihnachten steht die intensivste und oft auch wegweisende Saisonphase an. 22., 26., 28. Dezember, sowie 1. und 7. Jänner – das waren bei meinen Premier-League-Stationen nicht die Termine der Familienfeiern, sondern die Spieltermine. In Österreich wäre das undenkbar. Weihnachtszeit, Witterung und die Belastung von fünf Spielen in 17 Tagen – undenkbar.

Kein Weihnachtsfrieden

Als ich bei Wigan mein erstes Weihnachten mit vollem Programm erlebte, dachte ich auch daran, das eine oder andere Spiel auszulassen. Lieber ein, zwei besinnliche Tage mit der Familie verbringen, als müde und mit Schmerzen schon wieder einzulaufen. "Die Karriere geht vor", war dann mein Motto, um die Strapazen durchzustehen. Besonders bei den beiden Spielen direkt nach Weihnachten innerhalb von 48 Stunden ist das Fleisch schwach. Da muss die Zentrale, also der Kopf, den Körper overrulen. Wer das am besten hinbekommt, wird meistens gewinnen.

Diese Überwindung, den unbändigen Willen und die höchste mentale Stärke fordere ich auch von Österreichs Bundesliga-Spielern ein. Nur so kann der durch die Erfolge des Nationalteams eingeleitete Aufwärtstrend unseres Fußballs auch auf die Liga übertragen werden. Und nur so können sich die Fußballer nach den Erfolgen der Skifahrer wieder in den Vordergrund drängen.

Was Fußballer vom Zirkus lernen können

fremdFußball, Austria Wien - GAK Bildt Paul Scharner copyright Stefan Sigwarth, rth, Tel. 0676/722 37 47Date: Thu, u5 Jul 2002 11:37:11 0200 From: Stefan Sigwa Subject: (Kein Betreff)
Was Fußballer vom Zirkus lernen können

In der Fussball-Bundesliga spielt heute, am 30. Maerz 2002, Austria Wien gegen Sturm Graz. Im Bild die Torschuetzen Paul Scharner (R) und Christian Mayrleb nach dem 2:0. REUTERS/Robert Zolles REUTERS
Was Fußballer vom Zirkus lernen können

paul scharner
Was Fußballer vom Zirkus lernen können

In der Fussball-Bundesliga traf am Samstag, 24. Mai 2003, Pasching auf die Wiener Austria. Im Bild Paul Scharner (Austria/rechts) gegen Tomasz Wisio (Pasching). REUTERS/rubra REUTERS
Was Fußballer vom Zirkus lernen können

KRISTIAN BISSUTIPAUL SCHARNER, WIGAN;
Was Fußballer vom Zirkus lernen können

KRISTIAN BISSUTIPAUL SCHARNER, WIGAN;
Was Fußballer vom Zirkus lernen können

KRISTIAN BISSUTIPAUL SCHARNER, WIGAN;
Was Fußballer vom Zirkus lernen können

fremdFussball, Paul Scharner Bild zeigt copyright Stefan Sigwarth, Tel. 0676/722 37 47
Was Fußballer vom Zirkus lernen können

scharner
Was Fußballer vom Zirkus lernen können

APAAPAJAE02 - 27032009 - VELDEN - OESTERREICH: ZU APA SI - Paul Scharner mit neuer "Frisur" waehrens Trs Trainider erreichischen Fussball-Nationalmannsannschafchaft am Freitag, 27. Maerz 2009, in Velden. APA-FOTO: ROBERT JAEGER

geboren am 11. März 1980, aufgewachsen in Purgstall. Start der Profi-Karriere 1998 bei der Austria (Meister und Cupsieger 2003). Die weiteren Stationen des 40-fachen Teamspielers waren Austria Salzburg, Brann Bergen (NOR, Cupsieger), Wigan (FA-Cupsieger), West Bromwich und der Hamburger SV.

Kommentare