Wahlkampf im TV statt beim Volk

Die Nationalratswahl-Kampagnen werden mehr denn je zu einem Fernsehereignis.
Daniela Kittner

Daniela Kittner

Die Nationalratswahl-Kampagnen werden mehr denn je zu einem Fernsehereignis.

von Dr. Daniela Kittner

über den Medienwahlkampf

Bei den Wahlkampfplanern rauchen die Köpfe: In den letzten vier Wochen vor der Wahl zeichnet sich ein noch nie dagewesener Fernseh-Hype ab. Wie sollen da noch Bundesländer-Touren, Wahlkampf-Auftaktveranstaltungen, Betriebsbesuche und andere Bürger-Direktkontakte untergebracht werden?

Die Vorbehalte bei so manchem Parteistrategen gegenüber einem reinen Medienwahlkampf sind groß – überdies, weil sich bei so manchem TV-Ereignis nicht unbedingt ein Informations-Mehrwert für die Wähler abzeichnet.

Aber von vorne: Der Nationalratswahltermin ist ziemlich fix, SPÖ und ÖVP haben sich auf den 29. September verständigt.

Wegen der Urlaubszeiten in Juli und August kocht sich die heiße Wahlkampfphase auf vier bis fünf Wochen zusammen. In dieser kurzen Zeit will der ORF fünfzehn (!) Spitzenkandidaten-Konfrontationen (jeder gegen jeden bei sechs Parlamentsparteien), ein „Bürgerforum“ und eine „Elefantenrunde“ mit allen Spitzenkandidaten ausstrahlen. Ersatzleute – etwa Minister statt dem Parteichef – ins Studio zu schicken, akzeptiert der ORF nicht. Hinzu kommen die Wünsche der Privatsender: ATV will eine große Diskussion vor Publikum mit allen Parteiobleuten, Puls 4 will „Kochen mit den Spitzenkandidaten“.

Der ORF plant, jeweils am Dienstag und am Donnerstag um 20.15 bzw. um 21.05 Uhr zwei Zweierkonfrontationen hintereinander. Die voraussichtlichen Termine: Elefantenrunde am Donnerstag, den 26. September. Kanzler-Duell Werner Faymann gegen Michael Spindelegger am Dienstag, den 24. September. Davor pro Woche jeweils zwei Zweier-Konfrontationen, beginnend am 29. August.

Die Frage ist, was bei solchen 45-minütigen Boxkämpfen mit Themen quer durch den Gemüsegarten inhaltlich übrig bleibt. Hinzu kommt, dass parallel ein Fußball-WM-Qualifikationsspiel Österreichs läuft und die erste Phase der neuen Champions League beginnt – was Zuseher abziehen könnte.

Jeder der sich abzeichnenden neun TV-Auftritte bedarf eines Tages Vorbereitungszeit. Die Spitzenpolitiker werden auf den jeweiligen Gegner trainiert, sie werden inhaltlich vorbereitet, müssen ausgeruht und konzentriert in die Konfrontationen gehen und nicht ausgelaugt von Bundesländerreisen. Ein Wahlstratege: „Da fällt jeder Parteiobmann innerhalb von vier Wochen 18 Tage im Wahlkampf aus.“

Trotz der genannten Bedenken dürften die Parteien die Planung des ORF letztlich akzeptieren. Bundeskanzler Faymann persönlich und seine Berater scheinen mit dem Medienwahlkampf kein Problem zu haben. Die Bundes-SPÖ setzt offenbar voll auf die Fernsehtauglichkeit des Kanzlers. In manchem SPÖ-Bundesland wird das kritisch gesehen, sie wollen den Kanzler mehr beim (Basis-)Volk haben.

Für die Opposition ist das ORF-Angebot ein verlockender Gewinn, weil auch Schrumpel-Parteien wie das BZÖ oder Frank Stronachs zusammengewürfelter Mini-Parlamentsklub die gleich langen Fernsehzeiten wie die größeren Parteien SPÖ, ÖVP und FPÖ bekommen.

Die Moderatoren für die Konfrontationen sind noch nicht fix. Sicher ist, dass es zwei geben muss, und dassArmin Wolfnicht dabei ist.Ingrid Thurnher hingegen gilt als wahrscheinlich.

Der kommende Sonntag wird übrigens das erste Wahlkampf-Großereignis im Fernsehen im laufenden Super-Wahljahr: Die „Elefantenrunden“ zu den Landtagswahlen in Niederösterreich und Kärnten werden bundesweit ausgestrahlt.

Auf dem Platz der Pressestunde von 11 bis 12 Uhr ist in acht Bundesländern die „ElefantenrundeNiederösterreichs zu sehen, in Kärnten jene Kärntens. Am Sendeplatz von 12 bis 13 Uhr ist es dann umgekehrt: Die Kärntner können sich Niederösterreich ansehen, die anderen acht Bundesländer sehen Kärnten.

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