Unser Elch-Test

Unser Elch-Test
Ein Möbelhaus als idealer Ort, um der Ehekrise lustige Namen zu geben.
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Michael Hufnagl

Michael Hufnagl

Rein psychisch betrachtet ist so ein Ausflug mit einer Erstbesteigung des Nanga Parbat zu vergleichen (ohne Sauerstoff, versteht sich).

von Gabriele Kuhn

über die Szenen einer Redaktionsehe.

Sie

Manchmal bedaure ich, keinen Ehevertrag zu haben. Weil ich darin wesentliche Punkte verankert hätte. Etwa: „Hiermit vereinbaren wir, niemals gemeinsam zu IKEA zu fahren. Dies gilt, bis dass der Tod uns scheide.“ Aber leider: kein Ehevertrag, keine Vereinbarungen. Stattdessen unaufschiebbare Notwendigkeiten: Die Tochter braucht eine neue Stehlampe und wir beide hätten gerne ein neues Bücherregal. Daher: Ab in das schwedische Möbelhaus! Rein psychisch betrachtet ist so ein Ausflug mit einer Erstbesteigung des Nanga Parbat zu vergleichen (ohne Sauerstoff, versteht sich), auf jeden Fall geraten wir an unsere Grenzen. Ginge es nach ihm, würden wir den Laden betreten und ohne Zwischenstopp in der Lampenabteilung landen. Um dort – gezielt – jenes Modell zu wählen, das deppensicher (für ihn) zusammenzubauen ist.

Ab zur Kassa

Für meine Lust an so manchem Neben-Schau-Platz hat der Mann nebenan null Verständnis. Wenn ich ihn darum bitte, mit mir die Anschaffung des einen oder anderen Deko-Schnäppchens zu diskutieren, ernte ich Abwehr und blankes Entsetzen: Bitte, mir sind deine Polsterüberzüge ungefähr so wurscht wie die Niederkunft der schwedischen Prinzessin. Ab zur Kassa. Und so sehr er sonst demokratische Willensbildung schätzt, mit Diskussionen zu Farben und Formen von Tischtüchern, Teppichen und Salatschüsserln will er absolut nichts zu tun haben. Noch weniger Verständnis hatte er folglich für die spitzen Schreie der Tochter und mir angesichts der Stehlampe „Maskros“, deren Lampenschirm so aussieht wie eine überdimensionale Pusteblume: Ihr findet die super, und ich bin der Volltrottel, der sie stundenlang zusammenbauen darf. Sicher nicht. Ob das darauffolgende Mutter-Tochter-Lampen-Lamento Früchte trug und wie die Geschichte wirklich endete, lesen Sie bitte kommende Woche.

Twitter: @GabrieleKuhn

Er

Ehrlich: Ich finde das Bastel-it-yourself-Prinzip toll. Und wer noch nie in seinem Leben von der schwedischen Ideenwerkstatt profitiert hat, der werfe den ersten Elch. Das Problem ist also nicht das Möbelhaus. Das Problem bin ich im Möbelhaus.

Ich gehe gerne mit einer sehr speziellen Form der Zielstrebigkeit und Entschlossenheit an solche Orte. Wissend, was ich will, nämlich sofort finden statt ewig suchen. Und noch mehr wissend, was ich nicht will – z. B. „einfach so ein bisserl schauen“, eine Spezialität von Frau und Tochter. Mich hingegen macht das Schlendern in diesem typischen Irgendwasbrauchtmandochimmer-Modus rasend. Denn:

Matratzenhorcher

Ich lehne es ab, dass ich kein Gegengift für den Satz „Wenn wir schon einmal da sind ...“ besitze. Dass mir schon nach zwei Minuten heiß wird. Dass ich fremden Menschen dabei zusehen soll, wie sie auf der Matratze Sultan Fjordgard probeliegen. Dass die Oma via Durchsage gebeten wird, sie möge doch bitte den kleinen Kevin aus dem Kinderparadies abholen. Dass ich gefragt werde, ob ich den Kerzenhalter Fyrkantig auch „irgendwie nett“ finde. Dass ich keine der vielen Abkürzungen nehmen darf. Dass ich theoretisch mit allen Menschen hier per Du bin (auch mit jenen, die ernsthaft erwägen, die Hutablage Ställ zu erstehen). Dass ich „nicht so ein Gesicht“ machen darf, obwohl ich nur in meiner Funktion als Familien-Sherpa anerkannt bin. Dass ich mir im Geiste ständig die Frage stellen muss, welcher Dolm das wohl alles mithilfe origineller Bastelanleitungen zusammenbauen wird. Dass ich die Antwort auf diese Frage kenne.

Und da stand mein Kind plötzlich vor einer Stehlampe. Mit diesem Das-ist-die-Erleuchtung-meines-Lebens-Blick. Ich hatte sofort eine Vision und mir wurde schwindlig. Aber wo ist Sultan Fjordgard, wenn man sie braucht ...

Twitter: @MHufnagl

Kommentare