Unter Strom!

Unter Strom!
Ladehemmung. Der Urlaub und das alljährliche Déjà-vu mit dem pikanten Kabelsalat.
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Michael Hufnagl

Michael Hufnagl

Nüchtern betrachtet, wäre es besoffen besser.

von Gabriele Kuhn

über die Szenen einer Redaktionsehe.

Sie

Seit dem Urlaub bin ich mir sicher: Nicht Affären sind der häufigste Trennungsgrund, sondern Ladekabel. Davon handelte mein jüngster Traum. Darin sah ich den Mann nebenan beim Scheidungsanwalt sitzen, der ihn fragte: „Warum wollen Sie sich von Ihrer Frau trennen?“ Er antwortete: Ich bin nervlich am Ende. Dauernd suche ich mein Ladekabel, nie finde ich es. Wenn ich eines finde, dann passt es nicht zu meinem Smartphone. Ich habe den Verdacht, meine Frau versteckt meine Ladekabel, um mich in den Irrsinn zu treiben.

Kabel-au!

Der Advokat stocherte weiter im Kabel-Los: „Sollen wir ihr einen Detektiv, spezialisiert auf Haushaltselektronik, an den Hals hetzen?“ Im Traum weinte der Mann nebenan: Ja. Den besten Elektronikgerätedetektiv, den es in unserer Matrix gibt. Da wachte ich auf, und schaute auf die Uhr meines Smartphones. Was aber nicht gelang, denn das Ladekabel meines Handys hatte sich mit dem des iPads verwurschtelt. Welch Kabel-au! „Verdammte Matrix!“, schoss es mir durch den Kopf, und mir fiel der erste Tag unseres Urlaubs ein. Während ich Kleider im Hotelzimmerkasten drapierte, jagte er von Koffer zu Koffer, wühlte darin herum und wimmerte: Ist nicht wahr, du hast mein Ladekabel vergessen! Ein Disput folgte: Hab ich nicht. Hast du schon. Hab ich nicht. Hast du schon. Eine Minute später hielt ich ihm triumphierend einen Knäuel Kabel vors Gesicht: „Dass du es weißt, ich habe sicherheitshalber alle deine Kabel hierher mitgenommen!“ Eine Flasche Retsina später hatten wir die Dinger dann auch entwirrt. Aber sapperlot: Sein Kabel war doch nicht dabei.

Nächste Lesungen: 5. 10. Bruno/Brunn, 14. 10. Danubium Tulln, 24. 10. und 9. 11. Rabenhoftheater, Wien

Lesekabarett wieder im Herbst, alle Termine: www.paaradox.at

gabriele.kuhnfacebook.com/GabrieleKuhn60

Er

Vor Reiseantritt ist ja „Haben alle ihre Ladekabel eingepackt?“ das neue „Waren alle am Klo?“ Und dass meine Frau im Laufe der gemeinsamen Jahre zur Hauptverantwortlichen in der Sammelfrage wurde, hat einen ganz einfachen Grund. Sie hat eine nahezu neurotische Abneigung gegen jedes Kabel, das gut sichtbar aus der Wand hängt, an dessen Enden aber kein technisches Gerät zu finden ist. Das bedeutet in der gelebten Praxis: Ich lade mein Handy, stecke es ab und lasse das Kabel zu Boden plumpsen. In der naiven Überzeugung, ich würde es bei nächster Gelegenheit wieder genau so vorfinden. Einer der ganz großen Irrtümer meines ehelichen Lebens.

Strategie

Denn gnä Kuhn zieht sofort nach Entdecken des Frevels (vermutlich hat sie schon hinter der Ecke gelauert) den Stecker ab und verstaut das Ladekabel. Jedoch, es folgt die nächste Tücke, fix niemals am selben Ort. Sondern stets im nächstbesten scheinbar geeigneten Depot Marke Kasten, Lade oder Regal. Und weil sie als urlaubshungrige Einpackerin jene generalstabsmäßige Strategien verfolgt, die ich schon lange nicht mehr hinterfrage, kümmert sie sich (freiwillig) um die Mitnahme der vielen familiären Nabelschnüre zur Außenwelt. Allerdings sehr wohl auch, um mein „Wo ist ...?“, mein „Ich weiß doch bitte genau, dass ...!“ und mein „Das darf doch nicht wahr sein!“ nicht hören zu müssen. Prompt fehlte am Urlaubsziel ausgerechnet mein Ladekabel , was allerdings nicht so arg war wie ihre kecke Behauptung, das wäre keine Absicht gewesen. Heißt: So richtig geladen war nur ich.

Solo-Programm „Abend mit einem Mannsbild“, Herbst-Termine: 23. 10. Rothneusiedl, 4. 11. Kottingbrunn, 8. 11. Mödling, 17. 11. Sankt Pölten, 21. 11. und 12. 12. Wien (Studio Akzent)

michael.hufnagl@kurier.at

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