SMS im Supermarkt

SMS im Supermarkt
Es piept. Die ständige Erreichbarkeit im Handy-Zeitalter ist ihr Segen und sein Fluch.
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Michael Hufnagl

Michael Hufnagl

Wenn ich ihm Einkaufs-Order per SMS übermittle. Da formuliere ich bevorzugt schnörkellos.

von Gabriele Kuhn

über die Szenen einer Redaktionsehe.

Sie

Läuft! So könnte man die Art und Weise, wie der Mann nebenan und ich miteinander kommunizieren, knapp umreißen. Auch nach 20 Jahren finden wir noch immer was zum Reden – sei es nur darüber, ob Rosinen in den Kaiserschmarren gehören oder nicht. Aber klar, mitunter ist diese Dialogfähigkeit ein wenig reduziert. Dann zum Beispiel, wenn ich ihm Einkaufs-Order per SMS übermittle. Da formuliere ich bevorzugt schnörkellos, indem ich nicht etwa schreibe: Geliebter! Heute Abend werde ich dich mit Hühnercurry verwöhnen, doch leider ist kein Koriander mehr im Hause. Es wäre wunderbar, würdest du deinen Luxuskörper zum Spar verfrachten und deiner Angebeteten diesen Wunsch erfüllen. Ich bin jetzt schon sehr stolz auf dich, deine Frau.

Kurz und gut

Stattdessen schaut der Dialog eher so aus – ich: Koche Curry. Gemüse da? Er: „Weiß ich nicht, ist aber auch nicht wichtig.“ Ich: Hallo?! Er: „Karotten sind eh da, Brokkoli auch.“ Ich: Passt, dann brauchen wir nix. Fünf Minuten später – ich: Scheiße! Er: „Wie meinen?“ Ich: Kein Koriander daheim. Er: „Der Trottel wird’s schon richten.“ Minuten später, ich: Mango Chutney auch kaufen. Und Kokosmilch. Reis. Sesamöl. Eine große Knolle Ingwer. Er: „Zu Befehl. Soll ich allenfalls auch Messer, Gabel, Teller und Töpfe besorgen? Und eine neue Köchin engagieren?“ Ich reagiere mit dem Emoji „roter Kopf“. Ja, je banaler der Dialog, desto größer ist das Konfliktpotenzial. Denn auch die Kaiserschmarren-Rosinenfrage ist schon einmal ein wenig eskaliert. Als er nämlich nach einer langen Diskussion zum Thema „Wie heikel kann ein Mann sein?“ tatsächlich sagte: „Das Grauslichste an Rosinen sind die Falten.“ Geht leider gar nicht.

Paaradox-Termine: 13. 4. Oberwaltersdorf, 8. 5. Perchtoldsdorf

gabriele.kuhn@kurier.at

facebook.com/GabrieleKuhn60

Er

Gelegentlich sehne ich mir die Zeit zurück, als es zur Organisation des Lebens lediglich das Festnetz-Telefon gab und das Credo galt: Aus dem Haus, aus dem Netz, aus dem Sinn. Die Errungenschaft des Smartphones sorgt indes für immerwährende Erreichbarkeit, wovon gnä Kuhn mit größter Hingabe Gebrauch macht. Ihre Spezialität ist es, sich keinen Gedanken bis zu unserem Wiedersehen am frühen Abend aufheben zu wollen. Daher bin ich stets damit beschäftigt, die bedeutenden Fragen des Lebens (von Du, wann hat der Flotschi seinen 40er? über Bist du eh daheim, wenn meine Kräuter geliefert werden? bis Wann gehst du? Wo bist du? Wann kommst du?), zu beantworten. Ihr Drängen nach dem Jetztsofort ist meine Gewissheit, die da lautet: Damit mir nicht fad wird. Daher sind telefonische Dialoge wie diese unser Alltag. Sie: „Stör' ich dich gerade?“ Ich: „Um ehrlich zu sein, ...“ Sie: „Oh sorry, nur kurz, aber es ist wichtig.“ Wobei ich längst gelernt habe, dass ihre Idee von „wichtig“ und meine eher wenig miteinander zu tun haben.

Hilferuf

Fakt ist, dass ich nach meiner traditionell positiven Antwort auf die Frage „Du kommst nicht zufällig am Supermarkt vorbei?“ im Sekundentakt von SMS-Signalen von einer Ecke in die andere navigiert werde, weil aus ihrem „Ich koch' schnell ein paar Nudeln“ ebenso schnell ein gefühltes Fünf-Gänge-Festmahl wird. Aber wehe, ich tippe einen WhatsApp-Hilferuf, weil das depperte Walnussöl aus ist. Dann ist die Liebste fix gerade im Keller, auf dem Klo oder auf der Yoga-Matte. Und der Alternativvorschlag blinkt erst auf, während ich an der Kassa zahle. Dann vermisse ich nur eines: das Ups-Emoji.

Solo „Abend mit einem Mannsbild“: 4. 3. Wien (CasaNova), 25. 4. Gmunden, 9. 5. Langenlois, 29. 5. Baden

Termine: paaradox.atmichael.hufnagl@kurier.at

facebook.com/michael.hufnagl.9

Kommentare