Paaradox: Rasche Erledigungen

Paaradox: Laster-Fahndung
Szenen einer Redaktions-Ehe

SIE

Unlängst hatte ich einen konfusen Albtraum: In dem war ich eine lange, blonde To-do-Liste mit großer Oberweite, ich trug High Heels. Dabei sprach ich Männer an, und bat sie, mich zu erledigen. Aber keiner wollte mich und meine To-does abhaken. Ich schrak schweißgebadet hoch, hörte den Mann nebenan atmen und war erleichtert, doch keine To-do-Liste, sondern nur schlichte Ehefrau und Angestellte zu sein. Obwohl ... Manchmal komme ich mir vor wie so eine Liste. Oft wache ich auf und ich denke: "Scheiße, das gehört auch noch erledigt." Ich trage das dann ein – auf dem iPhone, im Kalender, ich schicke mir Mails und zwei SMS. Eines mir selbst, das andere dem Mann nebenan. Weil ich finde, dass eine gute Beziehung meinen Stress aushalten muss. Aber das ist nicht der einzige Grund: Das Gros der To-does ist Männersache. Der Herbst, zum Beispiel, ist eine Hoch-Zeit der To-does: Die Gartendusche muss weggeräumt, der Rasen noch ein letztes Mal gemäht werden. Jegliche Form von Sonnenschutz gehört gereinigt, verpackt und in den Keller geräumt. Ich weiß, dass ich Herzkönig damit nerve, weil nichts davon auf der Hitliste der präferierten Freizeitbeschäftigungen steht, aber er sagt immer: Ja, mach’ ich.

Nun heißt es, auf der Hut zu sein. Denn so toll die Antwort auch klingen mag – sie heißt praktisch nix. Ja mach’ ich ist verbales Valium, das den To-do-Drachen einlullen soll. Also holt er den Rasenmäher, um zu signalisieren: Gleich passiert’s! Stunden später kann’s sein, dass er noch immer dort steht, wo Herzkönig ihn geparkt hat. Ich lästere, er kontert mit einem öden Spruch: Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht.Allerweil, es wäre schon geschnitten. Dafür ist die Gartendusche gabriele.kuhn@kurier.at

Sie weg. Bis in den Keller hat sie es aber nicht geschafft. Sie macht eine längere Zwischenstation auf der Gartenbank. Mit etwas Pech liegt sie dort, bis das Christkind kommt. Wer weiß: Vielleicht mag es vor der Bescherung ja kurz duschen.

ER

Eine der unverzichtbaren Ingredienzien einer langjährigen Partnerschaft ist ein Verbalverhalten, das unter dem Fachbegriff Mansollteismus bekannt ist. Dieses wird vor allem vom weiblichen Part der Beziehung angewandt und ist eine geschickt als Überlegung getarnte Aufforderung, allerlei zu erledigen. Der Mansollteismus ("Man sollte ... den Bankberater anrufen, Hundefutter kaufen, den Rasen mähen", usw.) ist zumindest in unserer Ehe klar definiert: Man bin ich. Und zwar ohne Ausnahme.

Deshalb antworte ich auf ihre listig diplomatische Feststellung, man müsse etwa dringend neue Ordnung im Keller schaffen, auch nur spaßhalber mit der Frage: Stimmt, wer macht’s? Nur um mich zu vergewissern, dass sie ihr Sprüchlein von den vielen, vielen Angelegenheiten, die sie ohne großen Aufsehens quasi im Vorbeigehen schupfe, eh noch fehlerfrei aufsagen kann. Aber natürlich ist klar, dass ich es sein werde, der sich zur unbedankten Entrümpelungsmission aufmacht.

Die einzige Tücke des wohltemperierten Mansollteismus ist die fehlende Zeitangabe. Quasi ein Hintertürl im Erledigungsprozess. Denn die Formulierung sieht nicht vor, wann zu geschehen hat, was angeblich geschehen muss. Spätestens an diesem Punkt liegt der Zwist in der Luft. Denn während für die Großmeisterin des Abhakens dem "Man sollte ..." gedanklich ein " ... und zwar rasch" (auch als Sofortismus berüchtigt) anhängt, sehe ich das entspannter.

Ich betrachte den Satz "Was erledigt ist, ist erledigt" für ein neurotisches Konstrukt von Erledigern. Denn ob die seit sieben Jahren im Keller gelagerte irreparable Stehlampe im September 2012 oder erst im November 2019 entsorgt wird, fällt für mich eher nicht in die Kategorie Überlebensfrage. Also lese ich noch mindestens ein Buch, ehe ich in den Keller gehe. Man sollte nix überstürzen.

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