In der Hitze der Nacht

In der Hitze der Nacht
Wechselbad. Kalt-warm-kalt-warm, der Winterurlaub hat seine eigenen Gesetze.
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Michael Hufnagl

Michael Hufnagl

Die ganze Nacht ein Schlurfen, Schnarchen, Ächzen, Fluchen. Fenster auf, Fenster zu.

von Gabriele Kuhn

über die Szenen einer Redaktionsehe.

Sie

Aus der Reihe „Unheimlicher schlafen“: der Hotelzimmertemperatur-Spuk. Ich hab’s gern warm. Für meine Kuschelsockenkollektion bin ich ebenso berühmt wie für die Teebeutel-Sammlung „Heißsporn“. Im großen Teesack-Sack findet der frierende Mensch allerlei Wärmendes, etwa den Kräutermix „Schwitzhütte“ oder „Schlürf dich warm“. Ich brauche nicht zu erwähnen, was der Mann nebenan davon hält. Als ich ihm vor Kurzem eine schöne Tasse vom „Schlürf dich warm“ dargeboten hatte, verließ er grußlos das Haus und kam Stunden später mit Bierfahne heim.

Höchstes Temperaturniveau

Zurück zum Thema „Hotelzimmer“. Da waren wir also, umgeben von Berg, Schnee und zweistelligen Minusgraden und hatten es fein. Harmonie auf höchstem Temperaturniveau. Aber dann. Dann kam die Finsternis – und mit ihr das Fenster-auf-Fenster-zu-Grauen. Schluss mit lustig – war’s mir zu warm, klapperte er frierend mit den Zähnen. Schlotterte ich, fluchte er schwitzend sein Pfah, das ist hier so heiß wie in einem Gulaschsuppenkessel in die Dunkelheit. Dazwischen lagen wir auf der Lauer, dem Atem des anderen lauschend. Kaum verriet sein tiefes Brummen eine allfällige Tiefschlafphase, schlich ich zum Fenster, um es zu öffnen oder zu schließen – je nach akutem Empfinden. Offensichtlich tat er das Gleiche, wenn ich schlief. Und es ward wie im Geisterhaus: Dunkle Figuren, die andere dunkle Figuren belauern, knarzend Fenster öffnen, um sie wenig später hasserfüllt wieder zuzumachen. Die ganze Nacht ein Schlurfen, Schnarchen, Ächzen, Fluchen. Fenster auf, Fenster zu. Frei nach dem bekannten Schocker „Die Ehegeister, die ich rief.“

Nächste Paaradox-Auftritte: 25. 2. ,18. 3. im Wiener Rabenhof.

gabriele.kuhn@kurier.at

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Er

Damit nach Lektüre des kuhn’schen Temperaturtraktats keine Irrtümer entstehen: Mir ist nur selten zu kalt. Und dass es meiner Frau zur gleichen Zeit auch noch zu warm wird, ist so wahrscheinlich wie Frostschäden in Südsee-Bungalows. Aber so ein Winterurlaub hat nun einmal eigene Gesetze. Und die Liebste hat nun einmal eigene Muster. Daher zieht sie sich in der Früh, ehe sie zur täglichen Wanderung aufbricht, so kunstvoll und ächzend Schicht über Schicht an, bis ich schon allein durch den Anblick dieser tragikomischen Vermummung einen Schweißausbruch erleide. Danach schmiert sie sich noch eine Fettcreme ins Gesicht und empfiehlt mir in mütterlicher Scheinmilde, selbiges unbedingt auch zu tun („Das schützt die Haut, und du wirst schon nicht sterben davon“).

Daunendecken

Und ab dem Nachmittag geht’s dann los. Wenn sie aus dem Reich der Minusgrade zurückkehrt und trotz der optischen Anmutung einer K2-Gipfelstürmerin den obligaten Satz sagt: „Ich bin irgendwie innerlich so erfroren.“ Daher folgen ein „gutes Supperl“ und ein „feines Teetschi“, beides natürlich genossen im klassisch weiblichen beidhändigen Tassenumklammerungs-Setup. Erst danach sind Sauna und heiße Dusche möglich, später im Bett braucht’s neben liebevoller Heizkörperpflege dicke Socken, Thermophor sowie zwei bis drei Daunendecken. Und so kann es in der Nacht geschehen, dass sie alle Fenster aufreißt, um der selbst erschaffenen Hitzehölle zu entfliehen. Ein Teufelskreislauf, der aber auch anderen den Schlaf raubt. Etwa dem Engelchen neben ihr.

Neu: Solo-Programm „Abend mit einem Mannsbild“: 6. 4. Mödling (Stadtgalerie), 18. 5. Wien (Studio Akzent), 19. und 20. 5. Klosterneuburg (Wilheringerhof)

michael.hufnagl@kurier.at

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