Hoch die Gläser!
Und niemals hatte ich bei weiteren Hufnagl-Treffs einen Filmriss.
Sie
Sich einen Typen schönsaufen – so nannte man das, wenn wir Discohasen in den sehr späten 1970ern den Ribiselwein fließen ließen, um nicht solo von dannen ziehen zu müssen. 20 Jahre später trat der Mann nebenan in mein Leben, und seither ist das eine oder andere Flascherl geleert worden. Doch bevor Sie jetzt falsche Schlüsse ziehen: Nach dem ersten Date war ich (fast) nüchtern. Und niemals hatte ich bei weiteren Hufnagl-Treffs einen Filmriss. Er hingegen attestierte mir schwerst lallend „Mörder-Hax’n“ als wir zu Beginn unserer Beziehung das Krampuskränzchen seines Fußballvereins beehrten, weil er mit seinen Teamkollegen um die Wette soff. Das letzte Mal, übrigens.
Trink-Verordnung
Der Grund für die Erzählung ist eine Studie. In der steht, dass Paare, die ähnliche Trinkgewohnheiten haben, glücklicher und länger zusammen sind. Und nein, die Rede ist eher nicht von Hollersaft. Dies wiederum führt mich nach Hause zu unseren Trinkgewohnheiten, die sich vor allem dadurch auszeichnen: Wir saufen uns nicht zusammen, sondern eher auseinander. Trinke ich grünen Tee, trinkt er roten Wein. Trinke ich weißen Spritzer, saugt er am Bierflascherl. Trinke ich Wein, greift er zum kleinen Schwarzen. Wähle ich Prosecco, sagt er nur: „Tussi-Gesöff“. Schlage ich gemeinsamen Buttermilch-Genuss vor, googelt er nach Entmündigung. Und fragen Sie nicht, was er in meiner Malzkaffee-Phase alles an Sarkasmen absonderte. Der Sager Soll ich dir den im Babyflascherl reichen? war da noch recht harmlos. Nur bei einem Getränk macht er gerne mal ein Auge zu – Amaretto. Aus seiner Sicht ein nicht zu saufendes Damengetränk – aber eines, das in der Frühphase seiner wilden Jahren derb als „Dosenöffner“ gehandelt wurde. Motto: Da geht was.
Er
Vielleicht habe ich den Satz „Und erwähne bitte nie wieder dieses Krampuskränzchen“ nur geträumt. Aber irgendwie erinnere ich mich, dass meine Frau erwidert hat: „Natürlich nicht, so, wie du damals drauf warst, wäre das ja sogar für mich peinlich.“ Nun, sie hat es doch getan, was in Kenntnis ihrer Kolumnentücken nur eine Frage der Zeit war. Die etwas spezielle Geschichte ist mittlerweile 18 Jahre her, und ich weiß noch genau, dass mich in dieser Nacht alle Menschen besonders verhaltensoriginell empfanden. Außer die Liebste. Die fand für meine Partyperformance eher andere Worte. Weshalb ich mir später zweierlei schwor: nie wieder harte Getränke. Nie wieder volle Fetzen. Und beides habe ich tatsächlich umgesetzt.
Nur kosten
Darüber hinaus kann ich gnä Kuhn im Bezug auf unsere sehr unterschiedlichen Trinkgewohnheiten recht geben. Aber ich sehe darin auch nicht das geringste Problem. Ich genieße nämlich mein Achtel Veltliner immer in gleichen Maßen, einerlei, ob sie auch ein Achtel, einen Humpen Gute-Laune-Tee oder ... kein Schmäh ... einen Pfiff Bier, aufg’spritzt mit lauwarmem Leitungswasser, trinkt. So lange ich nicht zu solchen Abscheulichkeiten mit Fangsätzen wie „Probier’s doch einmal, bevor du die Augen verdrehst“ genötigt werde, ist alles gut. Viel narrischer macht mich ihre Angewohnheit, einen Abend lang an Rhabarbersaft zu nuckeln, zwischendurch aber zu fragen: „Darf ich ein Schluckerl von deinem Wein kosten?“ Ein Mal. Zwei Mal. Drei Mal. Bis ich entnervt sage: „Magst nicht ein eigenes Glas?“ Dann sie: „Nein, ich will jetzt eine Zeit lang keinen Alkohol.“ Und ich: „Du weißt aber, dass in meinem Veltliner Alkohol drin ist?“ Und sie: „Pudel’ dich nicht auf. Magst eine Buttermilch zum Abregen?“ Und ich: „Bitte gerne.“ Erst dann schweigt sie. Vor Verblüffung.
Twitter: @MHufnagl
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