Die Viren und wir

Die Viren und wir
Krankendasein. Liebesglück ist die beste Medizin – oder auch nicht.
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Michael Hufnagl

Michael Hufnagl

Er mit Thermophor!!! Alarmstufe Rot.

von Gabriele Kuhn

über die Szenen einer Redaktionsehe.

Sie

Ich weiß nicht ..., ob ..., ich ..., diese Kolumne überhaupt schreiben kann. Soeben hat mich der Anruf des Mannes nebenan ereilt – und bevor es weltexklusiv via CNN um den Globus gejagt wird: Wir! sind! wieder! einmal! krank! Heißt: Er ist krank. Heißt auch: Panikstimmung – raumgreifend, schicksalsträchtig. Alles wird unwichtig, ab sofort dreht sich die Erde nicht um die Sonne. Sondern das gesamte Sonnensystem um den Status fatalus Hufnaglus. Und, ja, Sie lesen richtig: Er spricht von „Wir“. Immer, wenn er kränkelt, werde ich zwangsbeglückt. Dann muss ich mit ihm sein Schicksal teilen. Dann geht’s uns schlecht, dann haben wir Halsweh, dann brummt uns der Schädel.

So, Michilein

Er zieht mich also ungefragt in seine Krankengeschichte – nicht aus einem gewissen Symbiose- oder Kuschelbedürfnis heraus, sondern schlicht, um meinen Empathiemodus zu aktivieren. Mit dem „wir“ wird er endlich wieder ein Michi. So nach dem Motto: „So, Michilein, jetzt essen wir noch ein Löfferl Karotti, dann scheint morgen die Sonne und wir können in den Park spielen gehen.“ Da wünscht er sich plötzlich kein blutiges Steak, sondern ein lauwarmes Kompotti, mit Betonung auf i. Oder ein Supperl mit Betonung auf „aber rasch, bitte“. Ein Teetschi wäre auch fein, mit Betonung auf, „aber bitte mit Honig und wehe du schwindelst mir Salbei rein“. Das Ganze hat, wie Sie sehen, eine subtil erpresserische und nötigende Note, die auf demonstrativer Hilflosigkeit basiert. So kommt’s also, dass ich echt nicht so genau weiß, ob ich hier noch weiterschr... – sorry, muss leider weg: Der Mann hat mir gerade ein Foto gesmst: Er mit Thermophor!!! Alarmstufe Rot. Das Pupperl mit Betonung auf „schön blöd“ muss leider nach Hause: Handi halten.

Twitter: @GabrieleKuhn, facebook.com/GabrieleKuhn60

Er

Manchmal frage ich mich schon, ob das Schicksal nicht womöglich KURIER-Abonnent ist und hier jeden Sonntag mitliest. Und sich vielleicht denkt, ach, so kann ich diese Texte von Gabriele Kuhn doch nicht stehen lassen. Ehe es schlussendlich eingreift und sich im Kampf um Gerechtigkeit an meine Seite gesellt. Ja, es stimmt, mich hat der böse Infekt gepackt und mit enormer Wucht – wie es möglicherweise nur mir passieren kann – im Bett fixiert. Damit ging es mir trotz meiner Ausnahmestellung in der Symptomatik wie sehr vielen anderen Menschen, und in Wahrheit wollte ich nur dreierlei: 1. Ruhe. 2. Hühnersuppe. 3. Keinen Tee. Das ist, wie ich finde, ein sehr kleiner Anspruch auf Krankenglück. Meine Frau hingegen, die einst überlegt hatte, beruflich den medizinischen Weg einzuschlagen, entwickelt in der Sekunde meines ersten Schüttelfrosts derart starke krankenschwesterliche Gefühle, dass ich mich nur durch beinahe schon boshaften Tiefschlaf davor flüchten kann. Bitte nicht falsch verstehen, jedes (minimale) Jammern sehnt sich natürlich auch nach einer entsprechenden Reaktion. Aber Frau Doktor-Doktor Kuhns Diagnose-Leidenschaft („Wo genau tut der Kopf weh?“), Behandlungs-Intensität („Trink das gleich, und zwar alles!“) und Ratschlag-Lust („Du solltest dies, du solltest das, und du solltest vor allem mir dankbar sein“) kann mitunter auf sehr spezielle Weise schmerzhaft sein.

Schulbeispiel

Das Schicksal mischte sich jedenfalls sofort nach meiner Genesung ein und schrieb die Übertreibungskünstlerin zu meiner Linken krank. Und das sogar ausgerechnet in der Urlaubszeit. Als wollte es ein Schulbeispiel für den wahren Hader erschaffen. Das tut mir selbstverständlich ehrlich leid. Auch, weil: Wir gehen gar nicht gerne allein Ski fahren.

Twitter: @MHufnagl, www.michael-hufnagl.com

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