Der Lauschangriff

Der Lauschangriff
Einmischung. Ein Wortfetzen genügt, und schon steht die Kochkunst auf dem Prüfstand
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Michael Hufnagl

Michael Hufnagl

Irgendwann schnappte ich auf, wie Herr Hufi über sein 1a-Abendmahl schwadronierte.

von Gabriele Kuhn

über die Szenen einer Redaktionsehe.

Sie

Unlängst im Wirtshaus. Ein Mann, eine Frau, der Mann nebenan und Gnä Kuhn schmausten gemeinsam – in Zahlen: 50 Beziehungsjahre an einem Tisch. Das ergab 5200-mal den Satz Geh, nimm den Mist mit (bei zweimaliger Füllung pro Woche). Wie so oft an solchen Abenden entwickelte sich ein Parallelplausch. Er & Er. Sie & Sie.

Kochekstase

Wir Damen sprachen über Themen wie „Die Psychologie des fünften Lebensjahrzehnts“, „Wie hoch ist mein ökologischer Fußabdruck, wenn ich Kumquats esse?“ sowie den Klimawandel in anderen uns bekannten Frau/Mann-Konstellationen. Die Herren redeten über FC Barcelona, die Austria und diesen irren, extrem entscheidenden Punkt beim letzten Tennisdoppel. Irgendwann schnappte ich auf, wie Herr Hufi schwadronierte, welches 1a-Abendmahl er unlängst gezaubert hatte, verbrämt mit dem Satz: Aber sie glaubt ja immer, sie kann alles besser. Ich nahm einen gröberen Schluck vom Wein, nützte den tiefgekühlten Schweige-Slot und sprach: Wen meinen denn der Herr mit ,sie‘? Darauf er: Na dich. Eh klar. Darauf ich: Ah die, die noch Tage nach dem Kochzauber Püreespuren aus jeder Küchenritze kratzen durfte? Ah die, die Reste vom Fleischlaberlgatsch aus dem Toaster kletzeln musste? Ah die, die Wochen nach deiner Zubereitungsekstase das Reindl mit einer dicken Schicht verbrannter Milch im versauten Backrohr fand? Darauf er: Du findest echt in jeder Suppe ein Haar. Darauf ich: Korrigiere: zwei Haare. Und auch nur dann, wenn du sie gekocht hast. Der Rest des Abends verlief turbulent. Nur so: Das Doppel stand gegen null Uhr 6 zu 4. Für die Damen. Irre. Und extrem entscheidend.

Nächste Paaradox-Auftritte: 18. 3. im Wiener Rabenhof.

gabriele.kuhn@kurier.at

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Er

Zunächst sei erwähnt, dass ich meine Frau um eine Fähigkeit tatsächlich ganz besonders beneide. Sie ist nämlich sogar in einer Runde von acht bis zehn Menschen jederzeit in der Lage, zwei bis drei Tischgespräche gleichzeitig zu belauschen, während sie selbst ein Gespräch führt. Da kann es schon einmal vorkommen, dass sie wie aus heiterem Himmel einen Dialog kurz unterbricht, um zwei Freundinnen, die vier Meter Luftlinie entfernt die Frauenwelt neu erfinden, kurz zuzurufen: „Guter Gedanke, da muss ich dann auch noch etwas dazu sagen.“ Das verblüfft mich immer wieder. Also nicht der Umstand, dass die Liebste „auch noch etwas dazu sagen“ kann und will (daran habe ich mich natürlich längst gewöhnt), sondern dass ihr echt nicht das Geringste entgeht. Und je mehr ich am anderen Ende des Tisches flüstere, desto überzeugter kann ich sein, dass sie sich einmischt. Und sei es nur, um mir subtil zu vermitteln: „Weißt eh, immer schön sprechen über deinen Augenstern.“

Alarmismus

Da ich diesen Ohren-überall-Modus aber kenne, platziere ich mitunter absichtlich Reizwörter wie „Erledigungsfuror“ oder „Wegräumneurose“ oder, um ihre Alarmismusreflexe zu testen. Zuletzt provozierte ich mit „Herdplattenderwisch“ ihre Aufmerksamkeit. Denn als Koch könnte ich sogar heimlich einen Vierhauben-Star künsteln lassen, in Anbetracht von Speisen und Küche fielen ihr dennoch genug Gründe für ein zurechtweisendes „ts ts ts“ ein. Eher kann ich unbemerkt sagen „Das nächste Kind bring’ ich zur Welt“ als „Meine letzte Eierspeis’ war à la bonne heure.“ Da zwinkert sie und sagt: „Also das habe ich jetzt nicht gehört.“ Weil: Humor hat sie.

Neu: Solo-Programm „Abend mit einem Mannsbild“, nächster Termin: 6. 4. in der Stadtgalerie Mödling.

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