Der Eiertanz

Der Eiertanz
Küchengeheimnis. Wenn eines Tages plötzlich ein strammer Max zum Belastungstest wird.
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Michael Hufnagl

Michael Hufnagl

Sie

Mein Verdacht: Immer wenn ich nicht zugegen bin, knotzt sich der Mann nebenan vor den Fernseher und holt sich bei Kochshows den Hunger auf jene Speisen, die ich ihm kochen soll. Denn nur so lässt sich erklären, dass er mich am vergangenen Samstag aus dem Bett jagte, weil er zum Frühstück wahnsinnig gerne einen Strammen Max hätte. Heißt: geröstetes Brot mit Schinken plus Spiegelei.

In die Pfanne hauen

Doch leider hatte sich die Party-Tigress in der Nacht zuvor mit ein paar Erdbeershots in die „Tag-danach“-Versenkung gespült. Alleine ein Viertel Gedanke an das Aufschlagen ganzer Eier verursachte Magendrehungen bei mir. Ich zog es daher vor, im verdunkelten Schlafzimmer vor mich hinzudämmern und delegierte den Max an Michael. Fehler, großer Fehler. Denn obwohl der Mann nebenan hungrig und daher hochmotiviert in die Küche stob, schaffte er seinen Eiertanz nicht solo. Also passierte Folgendes: Just in jenem Moment, in dem ich gerade wieder angenehm wegschlief, klopfte es. In der einen Hand eine viel zu große Pfanne, in der anderen zwei Liter Öl, enterte er als Fähnlein Fieselschweif im Survival-Camp-Modus das Schlafgemach und fragte mich allen Ernstes: Schatzi, wie kommt der Spiegel genau aufs Ei? Also – wie mach ich, dass das so schön glänzt wie bei dir? Sowie: Hau ich die Eier in die Pfanne oder lasse ich sie besser gleiten? Und: Wie viel Öl? Dabei war es ihm offensichtlich vollkommen wurscht, was sich beim Aussprechen des Worts „Öl“ an Dramatik in meinem Innenleben abspielte. Daher formulierte ich meine Antwort in Form eines zarten Bäuerchens. Parallel dazu fiel mir ein afrikanisches Sprichwort ein: Liebe ist wie ein Ei. Wenn du sie genießen willst, darfst du nicht zu hart und nicht zu zaghaft zugreifen.

gabriele.kuhn@kurier.at

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Er

Erst unlängst las ich einen Text des geschätzten Kollegen Christian Seiler, der sich mit der Magie der Spiegeleier beschäftigte. Ich war darüber hoch erfreut, denn er bestätigte jene Einschätzung, die mich ein halbes Leben lang schon begleitet: Ein exzellentes Spiegelei, formschön und geschmacksvollendet zubereitet, ist mitnichten eine G’schicht’, die jeder Hobbykoch locker und lässig im Repertoire hat. Laut Fernand Point, dem Vater der Nouvelle Cuisine, ist die Suche nach dem Gelben vom Ei ein wahres Kunstprojekt. Ich erwähne das nur, damit nicht jenes Bild von mir entsteht, das gnä Kuhn am allerliebsten zeichnet: das vom patscherten Ehemann. Wiewohl ich gerne zugebe, dass die vielen Spiegeleier, die ich in meiner langen Karriere als mäßig begabtes Pfannequin produziert habe, zwar immer in Ordnung waren, aber niemals mehr als das.

Keine Auskunft

Wenn hingegen die Liebste als Herd-Nerd die Kommandobrücke betritt, entstehen jene Feinheiten, die Fernand Point einst ein sinnliches Zwinkern entlockt hätten. Also tue ich, was ein Zauberlehrling tun muss: fragen. Was im konkreten Fall daran lag, dass die Meisterin infolge mangelhafter Einschätzung ihrer Erdbeershotkonsumkraft küchenmäßig ein bisserl indisponiert war. Aber wenn ich frage: „Wie genau geht das?“, sagt sie: „Weiß nicht.“ Ihr Rezept lautet nämlich immerzu „Ich mach’ das nach Gefühl.“ Daher gibt es auch keine Preisgabe von Geheimnissen und keine Auskünfte zu meinem „Wie viel? Wie lange? Wie heiß?“ Aber dank Point und Seiler weiß ich jetzt: Butter statt Öl! Und erkläre daher mein neues Self-made-Bewusstsein für eierlich eröffnet.

Unsere nächsten Paaradox-Auftritte: 24. 2. in Guntramsdorf, 25. 2. und 18. 3. im Rabenhof.

michael.hufnagl@kurier.at

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