Allerlei Fußspuren

Allerlei Fußspuren
Aber geh! Da war doch noch diese Sache mit seinen Schlapfen und ihren Patschen.
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Michael Hufnagl

Michael Hufnagl

Mir bot sich ein so berührendes wie bekanntes Bild: seine Schlapfen.

von Gabriele Kuhn

über die Szenen einer Redaktionsehe.

Sie

Ein netter Herr fragte mich nach einer Paaradox-Lesung, ob wir für unsere Beziehung vielleicht so etwas wie ein Motto definiert hätten. Spannende Frage – aber, um ehrlich zu sein: keine Ahnung. Nie zuvor habe ich darüber nachgedacht und eigentlich hatte ich auch nicht die Absicht, es zu tun. Bis ich am Morgen danach um 6.30 die Küche betrat, um verschlafen Kaffee aufzusetzen – und sich mir ein so berührendes wie bekanntes Bild bot: seine Schlapfen.

Tückische Hinterlassenschaft

Da standen sie, exakt vor dem Eiskasten – einsam, hässlich, ungünstig. Zeitzeugen seiner unendlichen Zerstreutheit und meiner unendlichen Toleranz. Denn nur dem Zufall hatte ich es zu verdanken, dass ich bei der Suche nach den Frühstücksutensilien nicht in die Schlapfenfalle tappte, um so direkt in der Butter und im Eiaufstrich zu landen. Besonders perfide ist nämlich, dass seine tückischen Schuh-Nummern keiner Logik unterliegen. Daher ist es auch nicht möglich, mithilfe eines inneren Schlapfennavis einen barrierefreien Weg durch die Wohnung zu finden. Weil der Mann nebenan täglich seine neue, individuelle Fußnote setzt – eine Art Stolper-Parcours d’amour für die depperte Ehefrau. Motto: heute vor dem Eiskasten, morgen vor der Dusche, übermorgen im Vorzimmer und, jaja, überübermorgen auf dem Kopfpolster. Jö, total lustig, zumal er mir verlässlich folgende Tagesfrage stellt: Schatzi, hast du meine Schlapfen irgendwo gesehen? Wenn ich dann in meiner Verzweiflung auf die Bestecklade, die Klomuschel oder das Backrohr verweise, sagt er nur: Sehr witzig, hast einen Clown gefrühstückt? Dieser Tage war es dann auf einmal klar – wenn es ein Motto für unsere Beziehung gibt, dann das: Halt deinen Schlapf’n! Das Schöne daran: Es hat mehrere Bedeutungen – und das ist gut so.

gabriele.kuhn@kurier.at

Twitter: @GabrieleKuhn

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Er

In Wahrheit trage ich daheim gar keine Schlapfen. Woran sich ermessen lässt, wie hoch der Grad der Kuhn’schen Übertreibung ist. Bekanntermaßen ist es ja so, dass Wohnorte, an denen sich meine Frau aufhält, grundsätzlich so gut geheizt sind, dass mich allein der Gedanke an Schuhwerk zu einer Schwitzfigur macht. Und während Madame Eisbein in diesen zentimeterdicken Supermegawollhüttenpatschen herumstapft, als müsste sie allzeit bereit sein, vor unserem Schrebergartenhäuschen im sibirischen Werchojansk die Futterstation für sämtliche Polarfüchse der Region zu befüllen, bevorzuge ich die Nacktheit – das als kleine Barfußnote zu unserem Alltag.

Huldigungen

Die Schlapfen benötige ich daher nur für die vielen kleinen Wege, für die ich das Domizil verlassen muss, und die speziell im Winter in einem gefühlten 1:9-Verhältnis quasi gerecht auf sie und mich aufgeteilt werden. Ich bin derjenige, der als Familientatortreiniger Mist, Flaschen oder Asche wegbringt sowie als Kellergeist Holz, Wein oder Koffer herbeischafft. So betrachtet, müsste die Liebste für meine Schlapfen, in die ich für solche Erledigungen permanent schnell reinschlüpfe, einen goldenen Schrein anfertigen lassen. Als Mahnmal der Dankbarkeit, allenfalls sogar verziert mit einer schmucken Schlapferkeitsmedaille, jedenfalls aber mit dem wichtigen Hinweis: Bitte kühl und trocken lagern! Doch statt einer adäquaten Huldigung zieht sie es vor, „die schiachen Dinger“ bei jeder Gelegenheit in das Reich der Unauffindbarkeit zu verbannen. Wehe, ich würde einmal das Gleiche mit ihrem Werchojansk-Modell tun. Ich kann ihre Drohung förmlich hören: „Schaahaatz ... du rüttelst am Patschenbaum!“

Paaradox-Auftritte: 24. 2. in Guntramsdorf, 25. 2. und 18. 3. im Rabenhof.

michael.hufnagl@kurier.at

Twitter: @MHufnagl

www.michael-hufnagl.com

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