Geschenke? Geschenkt!

Romantisch. Oder?
Alle Jahre wieder die gleichen vorweihnachtlichen Worte.
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Michael Hufnagl

Michael Hufnagl

Du täterst schön blöd schauen, wenn das Christkind nichts bringen würde.

von Gabriele Kuhn

über die Szenen einer Redaktionsehe.

Sie

Plattitüden-Blabla. So nenne ich all den verbalen Quargel, den Menschen von sich geben, ohne zu reflektieren, was sie da absondern. Warum, zum Bleistift (sic!), antworten Menschen auf „Wie geht’s?“ immer mit „Wie die andern woll’n“? Nur so: Die Ehe ist eine Hochburg für Plattitüden dieser Art. Noch schlimmer – die Szenen wiederholen sich. Wie im Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Gut geschlafen, Schatzi? Liebst du mich noch? Hast den Mist ausg’leert? Ja. Ja. Ja.

Nix. Nix. Nix.

Und so spielt sich bei uns circa zweieinhalb Wochen vor Weihnachten folgender Dialog ab (genau: Alle!Jahre! wieder!): Sie: „Was wünscht du dir zu Weihnachten?“ Er: Gute Frage. Eigentlich nix. Sie: „Nix. Nix. Nix. Jedes Jahr die gleiche Antwort. Du täterst schön blöd schauen, wenn das Christkind nichts bringen würde.“ Er: Aber wir sagen doch jedes Jahr das gleiche: Wir schenken uns nix, weil wir das Geld lieber für einen schönen Urlaub sparen. Und weil wir ein gemeinsames Konto haben. Das wäre so, als würdest du dir selbst was schenken. Ich: „Stimmt, eigentlich deppert. Ich wünsch mir eh auch nix.“

Schnitt. An dieser Stelle lüge ich. Ich wünsche mir immer was, weil ich Fantasie habe. Eigentlich müsste ich sagen, dass ich von einer Birkin-Bag von Hermès träume. Von einem „Ohne-Mann-Aufenthalt“ in einem Acht-Sterne-Spa auf Sri Lanka mit 24-händigen Massagen von Herren, die nicht sprechen. Dass ich ich mir das verdient hätte und danach giere. Dass das Christkind mir mehr bringen sollte als den Kindern. Aber dann denke ich an unseren Kontostand und wie lange ich für diesen Luxus arbeiten müsste. Kaum habe ich all das ausgedacht, klingelt auch schon das Handy. Es ist die Schwiegermutter, eine wirklich reizende Frau. Doch wenn sie anruft, um alle! Jahre! wieder! zu fragen, was der Bub sich vom Christkind wünscht, zucke ich aus. Ich sage nur: nix.

Twitter: @GabrieleKuhn

Er

Es ist eine der prägendsten Erinnerungen meines Lebens. Meine Frau und ich versprachen vor vielen Jahren, dass wir einander zu Weihnachten nichts schenken wollten. Denn, ach, man kennt das ja: Nach längerer gemeinsamer Zeit wird es halt mit den kleinen, netten Überraschungen immer schwieriger, und es siegt der Vernunftgedanke über das Packerl-Brimborium. Zumal wir actionmäßig traditionell mit der Ausrichtung des Festes, den Ideen für die Kinder und unseren eigenen weihnachtsnahen Geburtstagen absolut das Auslangen finden.

Der Unterschied zwischen uns beiden: Ich nahm den Pakt natürlich ernst. Also saß ich am Heiligen Abend mit dem monumentalen Werk „Wörterbuch der Redensarten“ (aus „Die Fackel“ von Karl Kraus) neben dem Christbaum. Sowie mit einem Kärtchen, auf dem stand: „Hihi. Hab’ dich lieb.“ Ich hingegen hatte nichts. Nicht einmal ein Schokoherz oder einen laubgesägten Gutschein. Und das „Hihi“ drückte sich so aus, dass ich mich vor Scham am liebsten zum Hund unter den Tisch gelegt hätte. Klarerweise sagte sie „Passt schon, ich bin schuld, ich konnte nicht widerstehen.“ Aber wie viel Trost das ist, nennt mein Kind gerne „nullo“.

Kein Stress

Das sollte mir nie mehr passieren. Ergo spielt sich seither in der Adventzeit mit dumpfer Zuverlässigkeit dieselbe Szene ab.Wir schwören, einander nichts zu schenken. Immerzu begleitet von Sätzen wie „Aber diesmal echt“, „Wehe, du hältst dich nicht dran“ oder „Ganz großes Heuer-keinen-Stress-Ehrenwort“. Und erst, wenn wirklich alle Formeln ausgesprochen wurden, spaziere ich los, um ein Geschenk für sie zu finden. Ich habe selbstverständlich noch immer keine Ahnung, warum wir diesem Zeremoniell die Treue halten, ohne es jemals aktiv thematisiert zu haben.

Ich weiß nur: Mein Nix muss ein Na-bumm sein.

Twitter: @MHufnagl

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