60 Minuten, unverzinst

Birgit Braunrath

Birgit Braunrath

Seit Zeit in Geld vermessen wird, sind kollektive Zeitgeschenke kaum noch finanzierbar

von Birgit Braunrath

über die Zeitumstellung

Eine Stunde Zeit? Gratis? Einfach so? – Nein, nicht einfach so. Seit Zeit in Geld vermessen wird, sind kollektive Zeitgeschenke kaum noch finanzierbar. Daher mussten wir Beschenkten die 25. Stunde des heutigen Tages bereits im Frühjahr einzahlen, als zinsenloses Sparguthaben. Immerhin fielen keine Negativzinsen an.

Also doch ein kleines Geschenk. Volle 60 Minuten Lebenszeit, steuerfrei. Und das in einer Welt, in der Stress die am weitesten verbreitete Mangelerkrankung ist (Zeitmangel kommt noch vor Eisen-, Kalzium- oder Vitamin-D-Mangel). In einer „neuen Arbeitswelt“, in der das Humankapital sinkende Gewinne durch steigenden Einsatz wettmachen soll. In einer „digitalen Welt“, in der Computer das Leben so sehr erleichtern, dass der Mensch alles selber machen kann.

Eine Stunde Zeitkapital also. Zur individuellen Veranlagung. Das birgt ein Risiko: Wenn Menschen entdecken, wie viel Gutes sie sich und den Ihren in einer geschenkten Stunde tun können, kommen sie womöglich noch auf die Idee, sich regelmäßig selbst Zeit zu schenken.

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