Treffpunkt Bahnsteig

Julia Pfligl

Statt der Disco gibt es für Mittzwanziger einen neuen Place to be, wo man sogar ohne Terminabsprache zusammenkommt.

von Julia Pfligl

über neue Treffpunkte

Woran merkt man, dass sich die Zeiten ändern? Anfang 20 konnte man sich darauf verlassen, alte und neue Bekannte am späten Samstagabend in der Stamm-Bar anzutreffen – einfach deshalb, weil eh niemand etwas Besseres zu tun hatte. Mitte 20 braucht man ein Google-Doodle und verdammt viel Geduld, um mehrere Freunde am Wochenende zur selben Zeit am selben Ort zu versammeln. Ich sage nur: "Tut mir leid, da hab ich Familienfeier", "Tut mir leid, da muss ich poltern", "Tut mir leid, ich bin so müde von der Arbeitswoche" oder "Tut mir leid, ich bin schwanger" (nicht notwendigerweise in dieser Reihenfolge).

Macht aber nichts. Denn statt der Disco gibt es für Mittzwanziger einen neuen Place to be, wo man sogar ohne nervenaufreibende Terminabsprache zusammenkommt: Nein, (noch) nicht der Spielplatz – der Bahnsteig. Klingt ungewöhnlich, aber montags um 7 Uhr, wenn die studierten Landkinder ihre elterlichen Wochenendsitze wieder verlassen und auf den Pendlerzug in die große Stadt warten, ist der Anteil an bekannten Gesichtern mittlerweile höher als überall sonst. Das hat Vor- und Nachteile: Im besten Fall verbringt man die einstündige Zugfahrt mit jemandem, den man schon ewig nicht gesehen hat. Im schlimmsten Fall – auch.

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