Das vergisst man dann nie wieder

Doris Knecht

Doris Knecht

Das Freuen gilt als ein unsexy Hobby der faden Netten.

von Doris Knecht

über schöne Sommertage

Eine Leserin rügte mich recht unfreundlichen Tonfalls : Man könne sich in einer Kolumne doch nicht ständig über den Sommer freuen. Nun gibt es, zumindest in meinem Leben, pro Jahr nicht annähernd so viel Sommer- wie Kolumnen-Tage, von denen sich wiederum die wenigsten mit dem Wetter auseinandersetzen.

Und: Entschuldigung, dass ich widerspreche, aber: Doch, man kann. Also, sich wiederholt der nun endlich warmen Jahreszeit erfreuen. Zumal das Freuen im Gegensatz zum Ärgern, Schimpfen und Beleidigen eine radikal unterschätzte und viel zu selten bewusst angewandte Disziplin ist. Vielmehr gilt das Freuen als ein unsexy Hobby der faden Netten, und seine positive Rezeption wird als salbungsvolles Warmluft-Predigen verunglimpft.

Speziell wenn es sich auf Umstände bezieht, die einem einfach nur ganz gratis geschenkt werden, wie gesunde Extremitäten, grüne Bäume, den Duft von Grillfleisch am Nachbarbalkon. Oder Schäfchenwolken, die abends kurz vor zehn über einen immer noch hellen Himmel ziehen. Diese weißen Abende gerade, von denen es jedes Jahr nur eine Handvoll gibt: herrlich! Gratis! Freu! Jaja, ich bin schon fertig, und freue mich fortan über den Sommer und seine hervorragenden klimatischen Hervorbringungen nur noch ganz still.

Allerdings möchte ich mich laut über ein mit diesem Umstand zusammenhängendes Phänomen freuen: Nämlich über jeden einzelnen Half-thong, den ich in Wiener Freibädern nicht zu sehen brauche. Half-thong, genau. Kennen Sie nicht? Kannte ich bis gestern auch nicht. Hab ich gegoogelt und kann das nun nie wieder vergessen. Und darin liegt ein Grund zur Freude: Denn seit ich einen Half-thong erblickt habe, freue ich mich über jeden, den ich nicht erblicke.

Ich zähle also auf Stil, Geschmack und Mitgefühl der Wiener Herren, dass sie derlei im Kongressbad, im Krapfenwaldl und auch im Stadionbad ihren Körpern, und allen, deren Blicke er ausgesetzt ist, nicht antun. Ein Quell reiner Freude, fürwahr.

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