Die Freundlichkeit von Fremden

Doris Knecht
Hier irrte Ihre Kolumnistin: Das Kind am Topf auf den elektronischen Anzeigentafeln der Wiener Linien blinkt immer noch.
Doris Knecht

Doris Knecht

Zumindest auf einzelnen dieser offenbar unterschiedlich programmierten Tafeln, während man auf anderen, wie berichtet, ganz deutlich einen Rollstuhl erkennt. Egal. Der Fehler fiel mir auf, als ich auf die Bim wartete, ein alter Turin-Brakes-Song in meinem Kopfhörer machte mir einen Satz warme Ohren. Als die Bim kam, brauchte ich nicht auf den Knopf zu drücken: Drinnen stand ein schlaksiger Neun- oder Zehnjähriger und drückte für mich, und als ich einstieg, lächelte er mich an und deutete auf einen freien Platz. Danke! Schön. Es ist merkwürdig, wie sehr einen derart kleine, zarte Gesten von unerwarteter Freundlichkeit von Fremden beglücken können …

Ich sah abwechselnd zum Fenster hinaus und dem netten Kind zu, wie es mit seinem Vater plauderte und anderen Passagieren den Tür-Knopf drückte, und erinnerte mich an einen meiner Lieblingsfilme, den ich elf oder zwölf Mal gesehen habe. In Laurence Kasdans „Accidential Tourist“ kommen Kathleen Turner und William Hurt nicht über den Tod ihres Sohnes hinweg, der bei einem Amoklauf getötet wurde; die Trauer entfremdet sie einander. Turner lernt eine merkwürdige Frau kennen und entflieht seinem gutbürgerlichen Leben, wird aber unsicher. Am Ende reist er nach Paris, allein und niedergeschlagen. Und da gibt es eine Szene, in der ihm ein fremder Bub, elf oder zwölf, ein Taxi anhält und ihm dann nachwinkt: Es ist sehr berührend. Daran dachte ich in der Bim, und dass ich diesen Film gerne wieder einmal sehen möchte, und als ich ausstieg, winkte der nette Bub mir nach.

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