Blödsinn vom Tempelberg: Was Armin Wolf nicht versteht

Warum ein Bescheid der KommAustria eben kein Grund zum Feiern ist
Philipp Wilhelmer

Philipp Wilhelmer

Es ist zu hoffen, dass seine Qualitätsansprüche ansonsten höher sind.

von Philipp Wilhelmer

Über die Exkulpierung Armin Wolfs durch die Medienbehörde

Da der Kommentar „Blödsinn vom Tempelberg“ für Unverständnis bei Armin Wolf gesorgt hat, der auf mehreren Kanälen beklagt, ich hätte das Urteil der KommAustria nicht verstanden (unter anderem auf Facebook, wo Wolf über 290.000 Follower hat, oder auf Twitter, wo er 346.000 Follower hat), hier noch einmal eine Nachschärfung: Mir geht es nicht darum, Norbert Hofers Räuberpistolen zu exkulpieren.

Hofer hat etwas behauptet, das sich so nicht halten ließ. Soviel war aber schon im Vorjahr geklärt. Auch war das Urteil der KommAustria für meinen Kommentar nicht von Belang, mein Text drehte sich einzig und allein um den Umgang damit. Und um den Unterschied zwischen einem ausgebliebenen Gesetzesverstoß und journalistischer Qualität. Aber gut: Nicht alles ist so formuliert, dass sich jeder auskennt.

Hier also noch einmal meine Argumentation:

Hofer beschritt den Klagsweg, unter anderem weil er mit halben Fakten konfrontiert worden war (was stimmt). Und unter anderem, weil Ingrid Thurnher irgendwann mit den Augen rollte (was nur Leute in eine Klagsschrift schreiben, denen sonst nichts peinlich ist).

Irgendwann könnte man es gut sein lassen

Hofer hat vor der KommAustria verloren, marschiert also weiter in die nächste Instanz, spricht von einem Skandal, die FPÖ schäumt. So kennt man sie. Es steht jedem Staatsbürger zu, den Rechtsweg auszureizen, aber irgendwann könnte man es eigentlich auch gut sein lassen.

Was trotzdem stehen bleibt: Der ORF hatte damals eine große Recherchepanne zu verzeichnen. Man kam und kam nicht drauf, dass während Hofers Tempelberg-Besuch tatsächlich Schüsse gefallen waren. „ZiB2“-Anchor Armin Wolf hat das damals persönlich recherchiert und ist dran gescheitert. Erstaunlicherweise hat das Kollege Erich Nuler noch während der Live-Sendung auf Twitter gestellt:

Die „Jerusalem Post“ (keine kleine Nummer im israelischen Nachrichtengeschäft) hatte online folgende Headline gebracht: „Police shoot woman at Western Wall who fails to heed warnings to stop.“

Blamage mit angeschlossenem Klagsweg

Hätte man Hofer mit der vollständigen Information – etwa: „es gab einen Vorfall, aber nicht den, den Sie hier blumig beschreiben“ – konfrontiert, hätte man ihn einer Lüge überführt. So war das Ganze eine Blamage mit angeschlossenem Klagsweg.

Wir erinnern uns: Die Angelegenheit war derart heikel, dass die „Zeit im Bild“ am nächsten Tag nachzog, um das unvollständige Bild zu komplettieren.

Die Medienbehörde hat Hofers Beschwerde nun abgewiesen. Was nichts anderes heißt, dass der ORF nicht gegen das nach ihm benannte Gesetz verstoßen hat (zumindest, solange die zweite Instanz nicht etwas anderes sagt).

Juristen wägen ab

Das aber ist weder ein Grund zum Feiern, noch eine Feststellung über journalistische Qualität. Hier haben lediglich Juristen versucht abzuwägen, ob derart grobe Verstöße vorliegen, dass man von einem Gesetzesübertritt sprechen muss. Eine Recherchepanne würde wohl niemand ernstlich als solchen bewerten. Auch ich nicht.

"Hochwertige Arbeit"

Grund zur Freude sah dennoch Programmdirektorin Kathrin Zechner, die für die ORF-Information zuständig ist: Sie meinte, die Behörde habe der „Kollegenschaft im ORF umfassende und hochwertige journalistische Arbeit“ attestiert. Armin Wolf, der verständlicherweise seinen Ruf zu verteidigen hat, schrieb nun auf Facebook, dass „mit keiner Online- oder Archiv-Suche vergangenen Mai dieser - oder ein anderer - Artikel unter den Such-Begriffen Temple Mount, terror, hand grenade, machine gun, machine pistole, woman killed jerusalem oder woman killed israel zu finden“ gewesen sei. Seltsam: Kollegen haben den Text während der laufenden Sendung entdeckt. (Der KURIER fasste das noch während der laufenden Live-Diskussion hier zusammen.) Der ORF wiederum hat einen Korrespondenten in Israel mit Recherchen beauftragt und nichts gefunden. Soll das etwa KEINE Peinlichkeit sein?

Armin Wolf hält es offenbar für erwähnenswert, er sei glaubwürdiger als ein wahlkämpfender Politiker, dessen kreativer Umgang mit der Wahrheit auch heute noch Schlagzeilen schreibt. Nun: Das hoffen wir doch.

Und Wolf ist sehr stolz darauf, dass eine Behörde keinen Gesetzesverstoß finden konnte. Es ist zu hoffen, dass seine Qualitätsansprüche ansonsten höher sind.

Kommentare