Ges.m.b.H.: Sattelfest

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Karl Hohenlohe über das Ende der Straßenbahn als Transportmittel für Stars.
Karl Hohenlohe

Karl Hohenlohe

Gerade erst fuhr der bekannte Operngötterbote Placido Domingo mit der Wiener Straßenbahn. Sicher, es war eine Sonderfahrt, aber es ist für jeden Normalsterblichen ein großes Erlebnis, wenn sich ein Star ganz wie du und ich fortbewegt. Früher war alles diffiziler, Herrn Kiepura beispielsweise spannten die Wiener die Pferde aus und zogen ihn selbst in der Kutsche über den Ring, Herr Sailer wurde auf dem Bahnhof von den Fans geschultert und Herr Heesters in einem Cadillac mit gefühlten 22 Meter Länge zum Marchfelderhof gebracht. Heute verbergen sich die Stars hinter getönten Autoscheiben, kurz bevor sie aussteigen, werden sie von mitfahrendem Personal rasch herausgeputzt und stellen sich dann erst dem Publikum. Die Straßenbahn hat als Transportmittel der Stars immens an Bedeutung verloren. Der letzte wirkliche Tramwayliebhaber war der ehemalige Staatsoperndirektor Eberhard Wächter, den ich einmal mit der Kamera in der Straßenbahn beobachten durfte. Er war während der Fahrt wahnsinnig aufgeregt, seine Augen glänzten und ich schrieb es der erquickenden Fahrt zu, dem Klang der Schienen und der unsichtbaren, aber wahrscheinlich schönen Schaffnerin, die mittels Lautsprecher mit uns kommunizierte. Dann aber, ganz plötzlich, sprang Eberhard Wächter bei der Friedensbrücke aus der Straßenbahn, eilte zu einem renommierten Pferdeleberkässtand nächst der Haltestelle und mir wurde mit einem Male bewusst, worauf er sich so gefreut hatte. Die Tramway, der Bentley des kleinen Mannes, hatte damals schon ausgedient und wird von den Stars gemieden, wie Herr Holender von Herrn Haider. Einladungen, Beschwerden, Hinweise: karl.hohenlohe(at)kurier.at

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