Buchstabentreu

Ges.m.b.H.: DÖF
Ges.m.b.H: Karl Hohenlohe über ein Versprechen
Karl Hohenlohe

Karl Hohenlohe

Es ist oft nur ein Sekundenschlag, der die Stunde erhellt, ein Satz im Theaterstück, der es erträglicher macht, eine Farbkombination auf der Leinwand, die uns an den Erwerb des Bildes denken lässt.

Kürzlich gingen mir zwei Sekunden und drei Zehntel "Seitenblicke" nicht aus dem Sinn. Ein vermeintlich Freud’scher Versprecher, der sich in Buchstaben niederschlug, ein Flüchtigkeitsfehler, der keiner war. Was war geschehen?

Die Freunde aus der Redaktion hatten die Schauspielerin Christine Urspruch vor dem Mikrofon, die wir vom "Tatort Münster" kennen und nun im Volkstheater bewundern können.

Das Insert lautete: "ChrisTine Urspruch".

Ein kleiner Fehler, könnte man denken, aber Frau Urspruch ist 1,32 groß und man musste zwingend an Herrn Freud denken.

Manche werden sich beim Lesen von "ChrisTine Urspruch" an Herrn Lattmann erinnern, der 1908 im Reichstag für eine Ergebenheitsadresse an Wilhelm II. eintrat und "und wenn man das tue, […] so wollen wir das auch rückgratlos tun" sagte.

Das Adjektiv "rückhaltlos" war ihm entkommen.

So verbrachte ich einige entspannende Minuten in Gedanken an Herrn Freud, den deutschen Reichstag, die Fallen der Sprache, die Heiterkeit, wenn man hineinplumpst und das große "T" in Christine Urspruchs Namen, das an eine menschliche Figur denken lässt, die sich über die anderen erhebt.

Aber nicht die Seitenblicke waren Freud erlegen, die großartige Schauspielerin ChrisTine Urspruch selbst bevorzugt diese Schreibweise, "diesen spielerischen Umgang zwischen klein und groß", und das hat nicht nur mir sehr gut gefallen.

 

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