Die Deutschen wissen, wie es den Brasilianern ergeht

Cacau

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Dass Neymar mit seinen erst 22 Jahren so cool, mit viel Ruhe und Selbstvertrauen auftrat, ist bemerkenswert

von Cacau

über den Superstar der Brasilianer

Gut, dass ich kein Freund der WM-Tippspiele bin, denn ich hätte schon einige Streichergebnisse hinnehmen müssen. Aber wer hätte schon erwartet, dass die Niederlande die Weltmeister aus Spanien demütigen oder Uruguay sich gegen Costa Rica blamieren würde? Für mich war aber am spannendsten zu sehen, wie die Brasilianer mit dem enormen Druck zurechtkommen, der auf ihnen lastet. In Brasilien hoffen die Menschen zwar immer auf den Titel, aber wenn die WM im eigenen Land ist, sind die Erwartungen noch ein Stück höher.

Einige der deutschen Nationalspieler wissen, was es bedeutet, als Gastgeber in ein WM-Turnier zu gehen. Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger, Lukas Podolski, Miroslav Klose oder auch Per Mertesacker waren vor acht Jahren schon dabei. Allerdings war die Mannschaft 2006 unter Jürgen Klinsmann unter ganz anderen Vorzeichen ins Turnier gestartet. Nach den sehr durchwachsenen Leistungen in den Monaten davor rechneten die Fans nicht unbedingt mit einem Sommermärchen. Die Seleção hingegen schürte die Erwartungen mit dem Gewinn des Confederations Cup vor einem Jahr. Beim Auftakt war deshalb am wichtigsten, mental zu überzeugen, und das ist ganz gut gelungen. Ich bin überzeugt, dass gegen Mexiko auch die Leichtigkeit zurückkommt und sich die Mannschaft spielerisch steigert.

Kein Trauma

Trainer Felipe Scolari schaffte es bisher, den Druck von der Mannschaft fernzuhalten. In ihrem Quartier in Teresopolis sind die Brasilianer gut abgeschottet. Es liegt rund hundert Kilometer von Rio de Janeiro entfernt, dort ist die Mannschaft weit weg vom Trubel der WM. Für mich war es in so großen Druck-Situationen immer wichtig, Freude zu entwickeln, mir stets vor Augen zu halten, dass es ein normales Fußballspiel ist. Das klingt banal, aber es ist tatsächlich so einfach. Es hat mit Erfahrung zu tun, auch ich schaffte es erst im Laufe meiner Karriere. Dass Neymar mit seinen erst 22 Jahren so cool, mit viel Ruhe und Selbstvertrauen auftrat, ist bemerkenswert. Vielleicht half ihm das erste Jahr in Barcelona, obwohl es nicht optimal lief. In der Liga und in der Champions League musste er sich im Vergleich zum FC Santos mit viel höheren Ansprüchen auseinandersetzen.

Viel wurde vor dem Turnier über das Trauma von 1950 berichtet, die schmerzhafte Niederlage gegen Uruguay in der entscheidenden Partie um den WM-Sieg. Für die Spieler ist das aber kein großes Thema. Sie kennen diese Geschichte nur aus Erzählungen. Der sechste Titelgewinn wäre ein Traum für die Mannschaft und für das Land – und ganz sicher keine Revanche für 1950.

Cacau kam als Claudemir Jerônimo Barreto 1981 zur Welt und wuchs in Mogi das Cruzes, im brasilianischen Bundesstaat São Paulo, auf. 1999 kam er nach Deutschland. Der Stürmer spielte 23-mal für Deutschland und zuletzt bei Stuttgart.

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