Von Frau zu Frau
Das Kind klingelte aus Griechenland durch. Wahrscheinlich wollte es sich nach dem Befinden der wieder erwerbstätigen Mutti erkunden. „Von Frau zu Frau“, sagte der Fortpflanz mit der Kälte der Bestimmtheit, „wenn ich am Mittwoch nach Hause komme, hätte ich gerne Sturminger. Ich habe nämlich meinen Freund schon 17 Tage nicht gesehen.“ „Sturminger“ bedeutet in Stellianisch eine vom Aufsichtspersonal gesäuberte Bude. „Von Mutter zu Kind“, antwortete ich, „so läuft das nicht, Stella. Willkommen im Kapitalismus: Der, der zahlt, schafft an. Das ist bei den Griechen und Angie Merkel so und auch in unserer lieben WG. Außerdem warst du ja nicht im Krieg, sondern nur auf Urlaub. Ich werde mich sicher nicht in Luft auflösen, nur weil du an einem Hormonstau laborierst.“ – „Du bist doch nur eifersüchtig, weil du keine RZB (Anm.: Romantische Zweierbeziehung) hast!“ – „Wenn du jetzt auch noch frech wirst, kannst du deine RZB an eine UA verlagern.“ – „Hä?“ – „Unwirtliche Außenstelle.“ So wurde eine Beleidigung mit der nächsten erschlagen. Ich bin wirklich nicht prüde, aber in wahrer Wirklichkeit war es für mich schwierig, das Kind, das gerade noch die Wurst in der „Kleinen Raupe Nimmersatt“ gespielt hatte, in einschlägiger Handlungsbereitschaft zu wissen. Sie sollte mit ihrem akuten Johnny ihre „Ich-liebe-dich-noch-viel-mehr“-Gespräche in der Endlosschleife führen, auf Facebook Herzerl-Zillionen verschicken, aber das eine woanders erledigen. Wie unsereins damals. Diese Heustadeln, stillgelegten Köhlerhütten oder Bahnhofs-Toiletten, das hatte doch auch etwas Prickelndes. Es war verboten, man konnte erwischt werden. Fantastisch! Doch so ist diese Jugend von heute: Nicht einmal bei dem einen wollen sie sich mehr anstrengen und auf ihre Bequemlichkeit verzichten. Verdammt unsexy.
Polly liest am 29. 7.,18 Uhr im Vöslauer Bad, Eintritt frei.
polly.adler(at)kurier.at
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