Die Rumänin wusste, wie sie mich mit Tränen anpacken musste, damit ich ihr regelmäßig Geld spendete.

von Mag. (FH) Katharina Zach

über Sorgen, Menschlichkeit und eine verschwundene Zeitungs-Verkäuferin

Ich mag es mir nicht eingestehen, aber ich mache mir Sorgen. Nicht nur über die üblichen Themen, über die man sich derzeit als Österreicher halt so landläufig Sorgen macht: Geld, Wetter (mit ein bissi Klimawandel), Flüchtlinge und den katastrophalen Zustand der Klebstoffindustrie. Nein, ich mache mir Sorgen um die Dame mit den Zeitschriften vor meinem Spar-Supermarkt am Mödlinger Bahnhofsplatz.

Vielleicht erinnern sich manche: Die Rumänin wusste, wie sie mich mit Tränen und tragischen Geschichten anpacken musste, damit ich ihr regelmäßig Geld spendete. Einmal – vor Weihnachten, bepackt mit Geschenken und in sentimentaler Spenderlaune – gab ich ihr sogar 50 Euro. Daraufhin wollte sie jedoch ständig mehr. Ob meiner emotionalen Erpressbarkeit musste ich das Geschäft für drei Monate zur absoluten No-Go-Area erklären. Doch selbst als Passantin, entkam ich ihr nicht. Schoss ich um die Ecke des Parkplatzes, schossen ihr die Tränen aus den Augen. Räumte ich meine Kameraausrüstung in den Kofferraum, hielt sie mir Fotos ihres nackten Enkels unter die Nase. (Keine Windeln, bitte, bitte...) Irgendwann schaffte ich es hart zu bleiben und ihr nur noch ab und zu ein paar Euro in die Hand zu drücken. (Kein Augenkontakt! )

Doch Ende August/Anfang September übersiedelte mein Supermarkt. Ein paar Mal noch sah ich die Dame mit den Zeitschriften einsam vor den geschlossenen Schiebetüren stehen und auf verirrte Kundschaft warten. Dann war sie weg. Und vielleicht liegt es an meinem Timing, aber auch am neuen Supermarkt-Standort habe ich sie noch nicht gesehen.

Geht es ihr gut? Haben ihre Enkel Windeln? Wie verkraftet ihre Mutter die Fuß-OP? Ja, auch die durfte ich einmal kennenlernen. Ich habe tatsächlich Einblicke in das – zugegeben vielleicht auch erfundene – Leben dieser Frau erhalten. Nun mache ich mir tatsächlich Sorgen. Und gespendet habe ich auch schon länger nicht.

Hinweise werden also gerne entgegengenommen. Vielleicht frage ich auch ihre Schwester. Die steht nämlich vorm Hofer.

eMail: katharina.zach@kurier.at

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