Eine neue Ära der Chancen

Gastkommentar: UN-Generalsekretär Ban Ki-moon zieht Bilanz zum Weltklimagipfel.
Ban Ki-moon

Ban Ki-moon

Das Pariser Abkommen ist ein Triumph für die Menschen, eine Krankenversicherung für die Erde.

von Ban Ki-moon

über den Klimagipfel und die neuen Aufgaben

Vor 70 Jahren sind die Vereinten Nationen aus der Asche des Zweiten Weltkrieges entstanden. Sieben Jahrzehnte später haben sich die Nationen in Paris angesichts einer anderen Bedrohung vereint – der Bedrohung für das Leben, wie wir es bisher kannten, durch einen sich schnell aufheizenden Planeten.

Für die nächsten Generationen

Die Regierungen haben eine neue globale Zusammenarbeit gegen den Klimawandel begonnen – eines der komplexesten Themen, mit denen die Menschheit konfrontiert ist. Dabei haben sie die Bemühungen für jenes Mandat unserer UN-Charta, nämlich „nachfolgende Generationen zu retten“, signifikant vorangetrieben. Das Pariser Abkommen ist ein Triumph für die Menschen, die Umwelt und den Multilateralismus. Es ist eine Krankenversicherung für die Erde. Zum ersten Mal hat jedes Land der Welt zugesagt, die Emissionen zu begrenzen, die Widerstandsfähigkeit zu stärken und auf innen- wie außenpolitischer Ebene den Klimawandel zu bekämpfen. Gemeinsam haben die Staaten beschlossen, dass durch die Minimierung der Risiken des Klimawandels den nationalen Interessen am besten gedient wird, wenn sie sich am Allgemeinwohl orientieren. Ich glaube, dass wir dies allgemein in der Politik befolgen sollten.

Katastrophenvorsorge

Der Erfolg in Paris krönt ein bemerkenswertes Jahr. Vom Sendai-Rahmen für Katastrophenvorsorge bis zur Agenda zur Entwicklungsfinanzierung von Addis Ababa, vom historischen Gipfel für nachhaltige Entwicklung in New York bis zur Klimakonferenz in Paris war dies ein Jahr, in dem die Vereinten Nationen ihre Fähigkeit gezeigt haben, Hoffnung und Genesung für die Welt zu bringen.

Schon in meinen ersten Tagen als Generalsekretär habe ich den Klimawandel als die bestimmende Herausforderung unserer Zeit definiert. Ich habe mit fast jedem Staats- oder Regierungschef über die Bedrohung durch den Klimawandel für Wirtschaft, Sicherheit und unser Überleben diskutiert. Ich habe alle Kontinente bereist und Menschen besucht, die in gefährdeten Regionen leben. Ich war bewegt von ihrem Leid und habe mich von ihren Lösungen inspirieren lassen, die unsere Welt sicherer und wohlhabender machen.

Investitionen in die Zukunft

Ich habe an jeder UN-Klimakonferenz teilgenommen. Die drei Klimagipfel, die ich einberufen habe, haben politischen Willen mobilisiert und innovatives Handeln der Regierungen, Unternehmen und der Zivilgesellschaft gefördert. Der Pariser Aktionsplan, gemeinsam mit den Verpflichtungen vom letztjährigen Klimagipfel, zeigen, dass es Antworten gibt. Was einst undenkbar war, ist nun unaufhaltbar. Der Privatsektor investiert bereits zunehmend in eine Zukunft mit weniger Emissionen. Die Lösungen sind zunehmend leistbar und sie existieren bereits. Viele weitere werden kommen, besonders nach dem Erfolg von Paris. Das Pariser Abkommen enthält alle wichtigen Punkte, die ich gefordert habe. Die Märkte haben das klare Signal erhalten, dass sie nun auf Investitionen setzen müssen, die zu geringen Emissionen und einer klimaschonenderen Entwicklung führen.

Alle Staaten haben sich darauf geeinigt, den weltweiten Temperaturanstieg auf deutlich unter zwei Grad Celsius zu begrenzen und – angesichts der großen Gefahren – möglichst 1,5 Grad zu erreichen. Das ist besonders wichtig für Länder in Afrika, die kleineren Inselstaaten und für die am wenigsten entwickelten Länder.

In Paris haben sich die Länder auf ein langfristiges Ziel geeinigt, die weltweiten Treibhausgasemissionen so schnell wie möglich in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts zu begrenzen. 188 Staaten haben ihre national festgelegten, beabsichtigten Beiträge unterbreitet, die zeigen, was sie für die Reduzierung der Emissionen und eine Klimaresistenz bereit sind zu tun.

Diese nationalen Ziele haben die Emissionskurve bereits signifikant nach unten gehen lassen. Insgesamt bleibt uns aber immer noch ein nicht akzeptabler, gefährlicher Temperaturanstieg von 3 Grad Celsius. Deshalb haben die Staaten in Paris versprochen, dass sie mit Beginn 2018 ihre nationalen Klimapläne alle fünf Jahre überprüfen werden. Das erlaubt ihnen, ihre Ambitionen den wissenschaftlichen Anforderungen entsprechend zu erhöhen.

Unterstützung für Entwicklungsländer

Das Pariser Abkommen stellt auch eine ausreichende und ausgewogene Unterstützung für Entwicklungsländer sicher, besonders für die ärmsten und schwächsten unter ihnen. Es wird dazu beitragen, die globalen Anstrengungen zu verstärken und Verluste und Schäden durch den Klimawandel zu minimieren. Regierungen haben verbindliche, transparente Regeln vereinbart, um zu gewährleisten, dass alle Länder das tun, was sie versprochen haben. Industrieländer haben zugestimmt, Finanzressourcen zu mobilisieren, Technologien weiter zu entwickeln und den Kapazitätsaufbau zu stärken. Entwicklungsländer werden mehr Verantwortung übernehmen und so den Klimawandel entsprechend ihrer Möglichkeiten angehen. Angesichts dieser historischen Leistung wäre es nachlässig, nicht die Führungsstärke und Vision der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft zu würdigen. Sie haben sowohl die Risiken als auch die Lösungen deutlich hervorgehoben. Ich begrüße ihr außerordentliches Klimaverhalten.

Umsetzung muss erfolgen

Von jetzt an – nachdem das Pariser Abkommen beschlossen worden ist – müssen sich unsere Gedanken unverzüglich um die Umsetzung drehen. Indem wir uns mit dem Klimawandel beschäftigen, treiben wir die Agenda 2030 für eine nachhaltige Entwicklung voran. Das Pariser Abkommen hat positive Folgen für alle Ziele zur nachhaltigen Entwicklung. Wir sind bereit für eine neue Ära der Chancen. Nachdem die Regierungen, Unternehmen und die Zivilgesellschaft mit der Mammutaufgabe, den Klimawandel zu bekämpfen und die Ziele für eine nachhaltige Entwicklung umzusetzen, beginnen, werden die Vereinten Nationen die Mitgliedstaaten und die Gesellschaft dabei unterstützen. Als einen ersten Schritt bei der Umsetzung des Pariser Abkommens werde ich – so wie es das Abkommen und die Konvention vorsehen – am 22. April 2016 zu einer feierlichen Vertragsunterzeichnung auf höchster Ebene in New York einladen. Ich werde die Staats- und Regierungschefs dazu auffordern, die Dynamik aufrechtzuerhalten und sie noch zu steigern. Wenn wie zusammenarbeiten, können wir unser gemeinsames Ziel erreichen, die Armut abzuschaffen, den Frieden zu stärken und ein Leben in Würde und mit Chancen für alle zu schaffen.

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