Auf einmal war der Spaß vorbei...

Konrad Kramar

Konrad Kramar

Der mühsamer Kampf um den Sessel des Partei- und Regierungschefs liegt ihm nicht.

von Mag. Konrad Kramar

über Boris Johnsons Rückzieher

Das schafft nur Boris Johnson: Zuerst eine 15minütige Lobeshymne auf sich selbst halten, großspurig Großbritanniens Zukunft entwerfen – und dann schnell sagen, dass genau den Job lieber jemand anderer erledigen soll. Großbritanniens schillerndste politische Figur hat sich völlig überraschend selbst aus dem Rennen um die Nachfolge von David Cameron als Regierungschef genommen. Aber war es nicht das, was Johnson immer angestrebt hat? Der eigentliche Grund, warum er sich auf das politische Abenteuer einließ, sich an die Spitze der Kampagne für Großbritanniens EU-Austritt zu stellen? Das Stichwort lautet Abenteuer.

Denn Boris Johnson, schon als Student in Oxford als politisches Genie gehandelt, war immer ein Abenteurer. Die ernsthafte Auseinandersetzung mit Themen, also die lästige Sachpolitik, hat den ehemaligen Londoner Bürgermeister nie interessiert. Nicht umsonst geht in politiknahen Kreisen in London das Gerücht um, Johnson habe nie ernsthaft mit einem Sieg der EU-Gegner beim Referendum gerechnet. Sein Ziel sei eine knappe Niederlage gewesen. So hätte er einen respektablen Erfolg erzielt und Premier Cameron weiter vor sich hertreiben können. Ganz so wie er es auf jedem Parteitag der Konservativen der letzten Jahre gemacht hat, als er im Jubel der Parteikollegen badete.

Doch mit dem tatsächlichen EU-Austritt vor Augen, wurde Johnson wohl klar, dass nicht nur ernsthafte und mühsame Verhandlungen mit einem mehr als ungewissen Ausgang auf den neuen britischen Premier warten, sondern auch ein mühsamer Kampf um den Sessel des Partei- und Regierungschefs. Das alles liegt dem genialischen Showmaster nicht, vor allem, weil die Erfolgsaussichten für das Land im Falle eines EU-Austrittes äußerst gering scheinen. Da zog er sich lieber zurück, um sich so seinen liebsten Job weiterhin zu sichern: Den des allseits beliebten politischen Clowns.

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