Spion der Ersten Klasse

Neulich im Zug, meine Ohren wuchsen minütlich. Neben mir zwei Business-Menschen im feinen Zwirn. Ich fühle mich wie James Bond.
Jennifer Bendele

Jennifer Bendele

Im Zug wird viel geredet. Das fällt auf, wenn man alleine unterwegs ist und in Ruhe lesen will. Meist geht es um Uninteressantes, wie fremde Kinder, fremde Partner, fremde Freunde ... Über Dinge, mit denen man nichts, aber auch gar nichts zu tun hat. Langweilig! Außer, man befindet sich in der Ersten Klasse.

Dort sitzen klassischerweise eben Business-Menschen im feinen Zwirn auf dem Weg zu einem Geschäftstermin oder auf dem Rückweg von selbigem. Ist es das monotone Rütteln des Zuges, das die Menschen unvorsichtig macht? In der Ersten Klasse wird nämlich wie selbstverständlich über Betriebsgeheimnisse geplaudert, der neue Chef ausgerichtet, über die aktuelle Präsentation lamentiert, der Geschäftstermin nachbesprochen... Ein Blick auf die Geschäftspapiere reicht, das Logo springt einem sofort ins Auge. Also muss man sich nur zurücklehnen, die Augen schließen und den neuesten Gossip über die Firma XY lauschen. Und bei vier Stunden kommt ganz schön was zusammen. Ein sehr netter, schlauer, schon pensionierter Herr sprach mich mal an, ob ich das nicht auch bemerkenswert fände, wie leicht Menschen im Zug zu plaudern beginnen. Und aus Spaß lieferte er auch noch eine lukrative Geschäftsidee nach: Man spendiert seinen Geschäftspartnern Erste-Klasse-Sitze, platziert einen Spion daneben und ist top informiert, bevor die Verhandlungen beginnen. Irgendwie hat die Idee was ...

Kommentare