„Savoir-vivre“ – in Wiener Kaffeehäusern

Schöne Geschichte: von Alain Barbero und Barbara Rieger
Uwe Mauch

Uwe Mauch

Niemand kann mich sehen, aber ich kann alles beobachten.

von Mag. Uwe Mauch

über die Poesie im Kaffeehaus

Blog Nr. 2011: Die zauberhaftesten Geschichten schreibt immer noch das Leben. Habe den Pariser Fotografen Alain Barbero und die Autorin Barbara Rieger im Café am Heumarkt getroffen und von den Beiden Folgendes gehört: Eigentlich wollte Alain in seiner Wiener Aus-Zeit sein Deutsch verbessern. Das tat er auch. Doch Barbara, seine Lehrerin, erklärte ihm nicht nur den faktischen Unterschied von Dativ und Akkusativ, sie öffnete ihm auch die Augen für die Nuancen der Wiener Kaffeehäuser. Zu jeder Deutsch-Stunde verabredeten sich die beiden in einem anderen Café. Einmal brachte Alain analoge Fotos vom Beginn seiner beruflichen Laufbahn mit. Er hatte in den 1980er-Jahren hochrangige französische Politiker und Künstler abgelichtet. Der Rest ist Melange. Und Poesie.

Eine Frage der veränderten Perspektive

„Savoir-vivre“ – in Wiener Kaffeehäusern
Lebensnah Blog

Melange der Poesie. So haben Barbero und Rieger ihren bei Kremayr & Scheriau erschienenen Foto-Text-Band genannt. Hauptdarsteller des Buchs sind zum einen diese wunderbar stimmungsvollen Kaffeehäuser und zum anderen die Literat_innen, die dort wie zu Hause sind. Und auf die Gefahr hin, dass ich das gegen mein eigenes Metier schreibe: Alain Barbero schafft es mit seinen Schwarz-Weiß-Fotografien, dass man seine Botschaft verstehen kann, ohne ein einziges gedrucktes Wort zu lesen. Es ist die Botschaft von der veränderten Perspektive. Dort, wo wir Wiener das Glas halbleer sehen, ist es für den Außenstehenden schon voll.

Was ist das Besondere der Wiener Cafés?

„Savoir-vivre“ – in Wiener Kaffeehäusern
Alain Barbero und Birgit Rieger

Alain Barbero meint: „Diese außerordentliche Atmosphäre. Ich habe das Gefühl, dass ich mich hier an einem sicheren Ort befinde. Ich kann hier in Ruhe meine Fotos bearbeiten, und kein Kellner stört mich dabei. Ich kann, wann immer ich will, essen, trinken, nachdenken, in die Luft starren. Niemand kann mich sehen, aber ich kann alles beobachten. Und wir haben in Wien immer auch die Wahl: Zu jeder Stimmungslage gibt es ein passendes Café. Das gibt es in Paris nicht.“ Für Barbara Rieger ist es ebenso „die Vielseitigkeit“, die sie an den Wiener Kaffeehäusern schätzt. Auch die vielseitigen Optionen, die sich ihr bieten: „Man kann im Kaffeehaus abtauchen, auftreten, arbeiten, Arbeit besprechen, Freunde oder sein Date treffen. Das Kaffeehaus ist unglaublich anpassungsfähig.“

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