Von Dominic zu Mister Thiem

Dominic Thiem ist heuer bislang Österreichs erfolgreichster Sportler. Die Hintergründe eines fulminanten Aufstiegs.
Harald Ottawa

Harald Ottawa

Er tut alles, um dem österreichischen Konjunktiv-Klischee zu entgehen: Hätti-wari-tati.

von Harald Ottawa

über die Hintergründe des Erfolgslaufes von Thiem

Zahlen belegen vieles, Zahlen zeugen von großen Erfolgen. Dass Dominic Thiem unmittelbar vor dem Rasenturnier in Halle bislang die meisten Siege (45) aller Spieler in diesem Jahr geholt hat, ist nicht die eindrucksvollste Statistik, zeigt aber, dass er zumindest viel und gut spielt. Dass der Niederösterreicher mit 22 schon die Nummer sieben der Welt ist, als erster Österreicher auf allen Belägen Titel geholt hat, hat schon mehr Aussagekraft. Und ein Semifinale eines Grand-Slam-Turniers zu erreichen, bleibt ohnehin für viele Profis ein Bubentraum.

Es war auch einer von Dominic, der längst dem Nachwuchsalter herausgewachsen ist, längst vom talentierten Junior zum Vollprofi avanciert ist. Dominic ist endgültig Mister Thiem. Der eine Persönlichkeit geworden ist, die aber nicht abgehoben ist, wie viele andere, die im Eiltempo Richtung Spitze eilten. Dafür sorgte schon die Erziehung, die er genossen hat. Vater Wolfgang und Mutter Karin taten alles für die Karriere ihres Sohnes und gaben ihm zudem richtig gutes Auftreten mit. Ein Faktor, der Dominic auch als Sportler reifen ließ.

Kein Mentalcoach notwendig

Dass Dominic Thiem heuer bereits vier Titel geholt hat, ist ein klar sichtbares Zeichen für einen Tennis-Aufschwung. Die Arbeit, die dahinter steckt, bleibt vielen verborgen. Österreichs größtes Talent trainierte am Weg zum Topmann mehr wie viele andere. Wenn er nicht soviel Turnier-Tennis spielen würde wie in jüngster Zeit, dann stünde er zu Trainingszwecken auf dem Platz. In Nizza, bei seinem Turniersieg im Mai, trainierte er weit länger, als er im Endeffekt bei seinen vier Siegen auf dem Court stand. Zudem wird im Training das Prinzip Zufall ausgeschlossen, ein Mentaltrainer kommt Trainer Günter Bresnik ohnehin nicht ins Haus. Der kritsiert die Haltung einige Sportpsychologen, für die sich Siege im Kopf abspielen. Er hat nicht unrecht, im Kopf kann man einen Marathon bestenfalls auf der Play-Station (auch da ist Thiem gut, aber das ist eine andere Geschichte) gewinnen. Beinhartes, gezieltes Training ist die Grundlage für Erfolge. Wenn Thiem im Training 40 Aufschläge auf die Linie platziert, dann wird ihm dies im Match auch 10, 15 Mal gelingen. Im Zusammenspiel mit seiner Fitness, ist dies auch der Boden für seine Erfolge in Entscheidungssätzen. Dass der Zufall keine Chance hat, zeugt auch davon, dass weiter inverstiert wird, mit Alex Stober ein Top-Physio geholt wurde, mit Joki Nyström ein erfahrener Tour-Coach. Er tat und tut alles, um dem österreichischen Konjunktiv-Klischee zu entgehen: Hätti-wari-tati. Lieber: Machi-gewinni!

Eine weitere Antriebsfeder ist seine Unzufriedenheit. Auch nach Siegen hört man ihn seit Jahren sagen, was besser gemacht werden muss. Eindrucksvoll aber sein Auftreten nach der Niederlage gegen Djokovic bei den French Open: Während andere mit gemischter Stimmung, mit geteilten Gefühlen bei der Pressekonferenz auftreten würden (immerhin hat er sich bei den French Open am Tag zuvor das Top-Ten-Ticket gesichert), war Thiem am Boden zerstört. Die Weltrangliste, sagte er, interssiere ihn vielleicht drei Tage später, wenn sie wirklich offiziell sei. Wie immer gab es aber sogleich eine Kampfansage: "Diese glatte Niederlage inspiriert mich, noch härter zu arbeiten." Er tat es und saß zehn Tage später in einem Mercedes, den er bei seinem Turniersieg in Stuttgart gewann. Diese positive Ungeduld hatte er aber bereits vor etlichen Jahren, als Junior. Obwohl er von seiner Schlagkraft und Technik immer schon den Gleichaltrigen einiges voraus war. Im Gespann mit Bresnik ging es stets Richtung oben.

Er wird auch weiter auf der Erfolgsspur unterwegs sein. Und es werden auch unerwartete Niederlagen kommen. Thiem weiß das, und deshalb darf man sich auch keine Sorgen machen. Er wird zwei, drei Ausrutscher verkraften - und beim vierten Mal wieder den Turniersieg holen. Mit 22 ist er mehr als nur auf dem besten Weg unter die Top 3 zu kommen, irgendwann Grand-Slam-Turniere zu gewinnen. Und noch mehr...

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