Kölsch-Laune, Think-Tank und viel Musik

Karen Marie Ørsted aka MØ.
Marco Weise

Marco Weise

MØ klingt wie eine Light-Version von M.I.A. Also weniger Amoklauf, dafür mehr Soul.

von Marco Weise

über das c/o pop Festival in Köln

Beim c/o pop in Köln, einem Musikfestival für elektronische Popmusik, trafen sich zahlreiche Booker, Festivalveranstalter, Label-Betreiber, Bands und Musik-Experten, um sich zu präsentieren und auszutauschen. Zum 10-jährigen Jubiläum des c/o pop stellten sich Länder wie Polen, Frankreich oder eben auch Deutschland musikalisch vor. Da traf man unter anderem Ricardo aus Chile, Dave aus Kanada oder Vittoria aus Italien. Es wurde gemeinsam gebruncht, diskutiert, mit dem Boot gefahren und getrunken. Bei einem Kölsch ist es da nur selten geblieben.

Gemeinsam bildete man also für drei, vier Tage einen Think Tank und dachte über die Zukunft der Kultur- und Kreativwirtschaft nach. Soviel zum Drumherum. Nun zu meinen persönlichen Höhepunkten:

Für Xul Zolar war der Auftritt beim c/o pop ein Heimspiel. Die aus Köln stammende Truppe wurde im Programm "als das nächste große Indie-Ding" aus Deutschland angekündigt. Davon musste man sich natürlich selbst ein Bild machen. Und tatsächlich, das Trio könnte eine große Zukunft vor sich haben. Ihre Mischung aus düsteren Klängen, großen Gefühlen, jugendlicher Unzufriedenheit und schnittigen Gitarren geht einem phasenweise direkt unter die Haut. Vor allem die aktuelle Single "Hex" ist großartig. Man darf gespannt sein, was da noch kommt.

Ein Ausrufezeichen setzte auch eine weitere deutsche Formation: Coma. Zwei Jungs, die ihre aktuelle Platte "In Technicolor" auf dem renommierten Kölner Label Kompakt veröffentlichten. Ihren großen Auftritt hatte das Duo am Freitagabend im Stadtgarten.

Kölsch-Laune, Think-Tank und viel Musik

Dort durften Marius Bubat und Georg Conrad ihre Synthesizer live bearbeiten. Davor legte Tobias Thomas ein feines Warm-up-Set hin. Nach dem viel umjubelten Auftritt von Coma hantierte DJ Koze gewohnt souverän an den Plattentellern. Ein großes Publikum war den Jungs also vergönnt.

Von Deutschland nach Dänemark. Dass von dort tolle Bands kommen, ist ja kein Geheimnis mehr. Ein Rohdiamant ist zum Beispiel Karen Marie Ørsted aka MØ. Die junge und unglaublich talentierte Sängerin kleistert mit ihren Bandkollegen tolle Rhythmen zusammen – eine Mischung aus HipHop, Elektro und Pop.

Kölsch-Laune, Think-Tank und viel Musik

Bei ihrem Auftritt im schönen Gloria Theater sah man sie dann mit kurzem Rockerl auf der Bühne herumzappeln, was teilweise für Lacher sorgte: Ihre heftigen, animalischen Stoßbewegungen waren irgendwie fehl am Platz. Wesentlich besser waren die gezeigten Visuals und die dargebotenen Songs. MØ klingt wie eine Light-Version von M.I.A. Also weniger Amoklauf, dafür mehr Soul.

Gut verkauft hat sich auch der einzige Beitrag aus Österreich: The Beth Edges. Die schönen Indie-Bubis kommen vor allem beim weiblichen Publikum ausgezeichnet an. Ihr melodischer Rock ist dann auch sehr gefällig und eignet sich gut zum Mitsingen. Schade, dass nicht mehr Bands aus Österreich den Weg nach Köln gefunden haben.

Dafür sah man übermäßig viele Bands aus dem asiatischen Raum. Macbeth aus Taipeh machten am Freitagabend zum Beispiel einen auf Joy Division. Das war irgendwie gewöhnungsbedürftig, denn der grummelige Bariton passt überhaupt nicht zu jungen Bubis aus Taiwan.

In die von mir persönlich geführte Band-Liste "Ich weiß nicht so recht" reihten sich beim c/o pop Woman ein. Das Kölner Trio machte einen auf eine zeitgenössische Version von Nine Inch Nails, scheiterte aber an sich selbst. Vor allem der übermotivierte und ein wenig zu viel von sich selbst überzeugte Sänger hätte vor dem Auftritt noch eine Runde um den Stadtgarten laufen oder eine Beruhigungs-Zigarette rauchen sollen. Bis bald, Köln!

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