Ein Blick in die Glaskugel

Marco Weise

Marco Weise

Wann gibt es eigentlich eine würdevolle After-Hour-Location mit gutem Schinken-Käse-Toast?

von Marco Weise

über Wünsche für das Clubjahr 2014 und Fortgehtipps

Wie bereits letzte Woche an dieser Stelle angekündigt, wagen wir einen Blick in die Glaskugel.

In Teil 1 wurde über die Überraschungen, Newcomer und Enttäuschungen des abgelaufenen Jahres geplaudert. Teil 2 beschäftigt sich mit Einschätzungen und Wünschen für das Clubjahr 2014.

KURIER: Was wünschst Du dir vom Clubjahr 2014? Katharina Seidler (prüft für den Falter die Partys der Wiener Clubszene): Wien wartet immer noch auf einen mittelgroßen Club mit gutem Sound und heimeliger, nicht zu szeniger Atmosphäre. Und: Wann gibt es eigentlich einmal eine würdevolle After-Hour-Location mit gutem Schinken-Käse-Toast?

Johannes Piller (DJ und Musikredakteur bei The Gap): Dass das Qualitätsniveau konstant zu nimmt, Wien weiterhin so vielfältig bleibt und Synergien innerhalb der Szene weiter ausgebaut werden. Und natürlich einen Club für ungefähr 300 Besucher, mit einer sehr guten Anlage, klugen Betreibern, am besten keinen Nachbarn und einem großen Bier um EUR 3,20.

Markus "Amblio" Blahus (DJ/Veranstalter): Das mitunter Schönste, das ich 2013 im Clubleben mitbekommen habe, war das Zusammenspiel einiger Crews und Leute, die sich gegenseitig unterstützt und gefördert haben und es ganz ohne Ellbogentechnik geschafft haben, nebeneinander für eine florierende Clubkultur in Wien zu sorgen. Ich hoffe, dass sich dies noch weiter potenziert und auch die Suderer die Vorteile darin erkennen können. Musikalisch wünsche ich mir einfach mehr Offenheit der Promoter gegenüber verschiedenen Genres. Eine gute Partyreihe besticht durch eine Variation der Bookings; es muss ja nicht immer nur Deep House sein.

Max "Moogle" Zeller (DJ, Waves-Booker, Musikredakteur bei The Gap): Ich wünsche mir im Prinzip jedes Jahr das Gleiche: Ich wünsche mir kulantere Behörden und natürlich mehr Neu- bzw. Wiedereröffnungen was Clubs betrifft. Gerade mittelgroße Clubs sind eher Mangelware im Wiener Nachtleben. Ein bisschen mehr Mut was das Booking betrifft, würde manchem Club und einigen Veranstaltern gut tun. Eine eigene Handschrift als Promoter zu haben, ist meiner Meinung nach eine Chance und kein Risiko.

KURIER: Was kommt 2014? Was kommt nach dem HipHop-Revival? Katharina Seidler: Immer noch starten fast wöchentlich neue Partyreihen junger Veranstalter, ein wunderbares Zeichen für die Wiener Clubkultur. Der Trend zu Outdoor-Partys wird nach dem großen Erfolg der letzten Jahre zweifellos weitergeführt werden bzw. zunehmen, schön wäre hier eine etwas größere Differenzierung beim Sound. Ich denke, das hält in Wien wohl noch eine Zeit lang an. Danach? Hoffentlich noch mehr raue, experimentellere Klänge. Bookings wie Helena Hauff bei Homewerk & Tingel Tangel oder Stellar OM Source bei der großen Party von Radio Orange haben da 2013 ja schon ein bisschen die Richtung vorgegeben.

Johannes Piller: Electro in diversen Facetten. Analoger Techno und Leftfield-House werden weiterhin zulegen. Es wird garantiert darker als in den letzten Jahren. Hierbei spreche ich aber nur von der Nische. HipHop mit seinen unterschiedlichen Spielarten und Ausfransungen wird auf diesem Höhepunkt bleiben. Viele der jungen Clubbesucher kommen zum ersten Mal intensiv mit der Musik in Kontakt und werde sicherlich eine Zeit lang dabei bleiben, was ich sehr gut heiße.

Markus Blahus: Ich traue mich keine wirklichen Prognosen abzugeben, aber ich selbst fühle mich mit einer guten durchdachten Mischung aus House/Techno/Disco/Soul am wohlsten. Abseits von Trends kommt es vor allem auf den Club, die Uhrzeit und die Leute an, aber es muss einfach ehrliche Musik sein. Dann wird alles gut.

Max Zeller: HipHop hält sich hier nach wie vor konstant auf den Dancefloors. Prognosen für Wien sind nicht einfach. Wien tickt auch im Clubbereich immer eine kleine Spur anders als vergleichbare Großstädte. Ich denke, dass eher bratzige Sounds ein Revival feiern werden. Das Genre ist hier nicht so ausschlaggebend. Es wird in Stilerichtungen wie Oldschool-Electro, Chicago-House, Juke oder Bass Musik wieder scheppern, rumpeln und knarzen. Das ist gut so.

Die Fortgeh-Tipps für die kommenden Tage:

Der Hipster- und Style-Barometer schlägt am Freitag im Celeste am kräftigsten aus. Dort wird nämlich auf die neue Ausgabe des Faux Fox-Magazins angestoßen. "Frost Issue" nennt sich das das siebte Magazin der Partyfüchse. Hinter den Turntables stehen dann unter anderem Amir von den Vihannas und Max vom Puffzack.

Made In Austria ist eine Clubserie, die dem Austrian Artist Festival entsprungen ist. Zum ersten Termin 2014 präsentieren heimische Talente ihr Können. Ken Hayakawa macht mit seinen Studiopartnern Julian und der Fux gemeinsame Sache, während der Newcomer salute nach Affine-Act Zanshin am Mainfloor zwischen Basslawinen und gebrochenen Beats tollt. Das und noch viel mehr gibt es am Freitag in der Pratersauna.

Sven Regener liest im Rabenhof aus seinem neuen Roman "Magical Mystery". Der Sänger der Band Element Of Crime wird an drei Tagen aus dem Leben von Karl Schmidt, der Hauptfigur im Roman, erzählen. Es geht um den Anfang der Techo-Ära, Drogen, Selbstkontrolle und Therapie. (Freitag bis Sonntag, 20 Uhr)

Im Top Kino kann bei der Premiere des Skateboard-Films "Ganz Wien" dabei sein. Gedreht wurde die Doku von Johannes Wahl, der schon seit 1987 in der Wiener Skateboard-Szene aktiv ist. Erste Vorstellung: 21.00 Uhr. Aufgrund des großen Andrangs wird es eine weitere Vorführung geben - gegen 23.00 Uhr. Der Eintritt ist frei.

Im Werk funktioniert unterkühlte Musik am besten. Und wer auf blutleeren Techno steht, der auch im Berliner Berhghain durch die Darkrooms weht, sollte am Freitag den Weg in den Stadtbahnbogen nebst der Müllverbrennungsanlage Spittelau nicht scheuen.

In der Grellen Forelle, also nebenan, wird es minimalistisch und deep zur Sache gehen. Dafür sorgt East End Dubs, der sich trocken und groovig durch den Abend spielen wird. In Kombination mit der feinen Anlage in der Forelle kann das was.

Im Ost Klub wird mit Brenk Sinatra die HipHop-Community bedient, im Sass kann man dem New Yorker Victor Simonelli beim Auflegen zusehen. Aufgetischt wird Chicago House.

Drum & Bass gibt es in der Fluc Wanne. In der Auslage am Gürtel versucht man es hingegen mit Feelings. Unter dem Titel "Wiener Feelharmonika" werden Max Schell und Gleichgesinnte den Glücksmoment auf der Tanzfläche suchen. Dann, wenn alles rundherum scheißegal ist und man eins mit dem Beat wird. Für dieses Vorhaben verlosen wir auch 2x2 Karten. Eine eMail mit dem Betreff „feel me“ an kult(at)kurier.at genügt.

Feiern ohne kalte Füße und damit einhergehenem Schnupfen. So lautet das neue Motto der FM4-Geburtstagsparty. Nach Jahren voller Kälte-Qualen hat der heimische "Jugendradiosender" endlich eingesehen, dass ein Open Air im Winter nur halblustig ist. Man übersiedelt heuer zum ersten Mal in die Ottakringer Brauerei. Durch den Abend begleiten Bands wie Ja, Panik, Notwist, The Hidden Cameras oder Caged Animal. Allesamt haben sie ein neues Album am Start – es gibt also viel zu entdecken. Offiziell gibt es keine Karten mehr.

Gut, dass wir zwei Karten zur Seite gelegt haben: Mit einer eMail (Betreff: „fest“) an kult(at)kurier.at nimmt man am Gewinnspiel teil. Der Gewinner oder die Gewinnerin werden per eMail informiert.

Der bei Notwist für die elektronischen Sounds zuständige Martin Gretschmann schlüpft ach seinem Auftritt beim FM4 Fest in sein zweites Kostüm. Als Acid Pauli wird er in der Pratersauna beim Hart aber herzlich ein Live-Set spielen. Da kann alles passieren.

https://w.soundcloud.com/player/?url=https%3A//api.soundcloud.com/tracks/112239190&color=000000 100% 120 no {"frameborder":"no"}

Im Volksgarten wird auf drei Floors unter dem Titel GANGpeng gefeiert: Die Praterei-Jungs sorgen für feinen House, Ewan Pearson mit Wolfram schrägen Elektro auftischen und im Winterzelt gibt es ein Mode Talkin-Spezial aka ein Schaulaufen der Wiener Club-Szene.

Die Vihanna-Crew hielt 2013 viele Wiener Clubs in Atem. Fast jedes Wochenende spielte man irgendwo den HipHop nach Art des Hauses. Am Samstag geht man in der Forelle in eine neue Saison und feiert obendrauf noch das einjährige Bestehen mit dem kanadischen Sound-Freak Sinjin Hawke, der sich der Verschmelzung von UK Bass, R&B und HipHop widmet. Alles Gute.

Mit seiner ersten Platte "Bodenangst" gelang ihm ein gutes Debüt als Songwriter. Seither tourt und musiziert sich Spaceman Spiff alias Hannes Wittmer durch halb Europa. Laut Süddeutsche Zeitung hat er das Zeug „zum neuen Helden“. Sein neues Album heißt "Endlich Nichts" und ist wieder mit Poesie und großen Gefühlen angereichert. Eine (Liebes-)Schmerz-Therapie für den Sonntag.

Im Eigensinnig feiert man die erste Vernissage des Jahres. Gezeigt werden Bilder von Robert Rutoed, der in Wien lebt und arbeitet. Fünf Jahre lang fotografierte er sich durch Europa, als aufmerksamer Beobachter mit einem zum Teil tragisch-komischen Blick.

Cold Cave in der Arena zu Wien. Das bedeutet düsteren Elektro-Pop ohne Happy End. Das Darkwave-Synthpop-Projekt aus New York wird von Wesley Eisold angeführt, der bereits als Sänger von Hardcore Bands wie American Nightmare, Give Up The Ghost, Some Girls oder XO Skeletons tätig war.

Kommentare