TTIP: Der mühsame Weg zu geheimen Dokumenten

Kundgebung gegen das Freihandelsabkommen TTIP vor dem Parlament in Wien
Die EU-Kommission schafft es nur in kleinen Schritten zu mehr Transparenz. Das könnte am Ende zu wenig sein.
Philipp Hacker-Walton

Philipp Hacker-Walton

Die Geheimhaltung schadet der Sache

von Philipp Hacker-Walton

über die TTIP-Verhandlungen

Die Verhandlungen zum Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA haben wohl einen kritischen Punkt erreicht: Im EU-Parlament gäbe es derzeit ziemlich sicher keine Mehrheit für den Handelspakt, und auch einige EU-Regierungen - u.a. die österreichische - haben schwer wiegende Bedenken angemeldet.

Dass TTIP bei Vielen derzeit so schlecht angeschrieben ist, liegt nicht nur an dem, was da verhandelt wird - sondern auch daran, wie.

Einer der häufigsten Vorwürfe: Es handle sich um Geheim-Verhandlungen, EU-Kommission und US-Vertreter würden hinter verschlossenen Türen einen von Konzern-Interessen geprägten Deal ausmauscheln.

Nun liegt es in der Natur der Sache, dass derlei Verhandlungen nicht zu hundert Prozent transparent sein können: Nicht jedes Dokument kann sofort veröffentlicht werden, nicht nach jeder Verhandlungsrunde kann man mit den Zwischenergebnissen an die Öffentlichkeit gehen.

Wie schwer sich die Kommission, die im Auftrag der 28 Mitgliedsstaaten verhandelt, mit der Schaffung von Transparenz tut, sieht man derzeit daran, wie schwer es selbst EU-Abgeordnete haben, an brauchbare Informationen zu kommen.

Grüne und linke Abgeordnete haben schon im Oktober einen Protestkundgebung vor dem sogenannten Lese-Raum im Parlament abgehalten, in dem sich vertrauliche TTIP-Unterlagen befinden, weil damals nur einige wenige Mandatare Zugang dazu hatten.

Mittlerweile hat sich die Lage zumindest etwas geändert: Seit dieser Woche haben alle Abgeordneten Zugang zum Lese-Raum - nach vorheriger Anmeldung, für eine begrenzte Zeit und unter strengen Sicherheitsauflagen.

Man darf nur alleine in den Raum, Handys, Laptop, etc. müssen draußen bleiben. Erlaubt sind, wie der Grüne Michel Reimon sagt, handschriftliche Notizen - auf einem speziellen, mit Wasserzeichen versehenen Papier. Die finnische Abgeordnete Heidi Hautala berichtet auf ihrem Blog, ihr sei vor dem ersten Zugang zu den Unterlagen eingeschärft worden, "dass Beamte der EU-Kommission auch schon ins Gefängnis gegangen sind, weil sie die Vertraulichkeit gebrochen haben".

Neben solchen rein praktischen Komplikationen hat der neue Zugang zu den Akten noch einen anderen sehr, sehr großen Haken: Bis jetzt handelt es sich bei den verfügbaren Unterlagen nur um jene der Kommission.

So hat Reimon diese Woche etwa darauf aufmerksam gemacht, dass die Kommission ein neues transatlantisches Gremium zur Regulierung der Finanzmärkte plant. Aber es ist eben nur der ursprüngliche Plan der Kommission: Was die US-Verhandler dazu sagen und ob es mittlerweile vielleicht schon einen überarbeiteten Vorschlag gibt - all das weiß man nicht.

Die Kommission tut sich damit keinen Gefallen: Dieses Unwissen führt unweigerlich zu Unbehagen - und zu (mutmaßlich mal mehr und mal weniger) berechtigten Warnungen vor dem, was da alles auf uns zukommen könnte.

Im KURIER-Interview hat EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström vor zwei Wochen selbst zugegeben, dass die Geheimniskrämerei zum Stolperstein für TTIP werden könnte: Weil die öffentliche Ablehnung in ein, zwei, drei Mitgliedsstaaten so groß geworden sein könnte, dass jedes Ergebnis abgelehnt wird. Auch wenn dann, nach Abschluss der Verhandlungen, endlich alles offen auf dem Tisch liegt.

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