Faymanns Zurückhaltung, Camerons Klartext: Notizen vom Sondergipfel

Britischer Premier Cameron: Flüchtlinge werden gerettet - wenn sie nicht nach England kommen
Philipp Hacker-Walton

Philipp Hacker-Walton

Von üblichen Ritualen war wenig zu sehen

von Philipp Hacker-Walton

über den EU-Migrationsgipfel

Unabhängig vom Thema gibt es bei den EU-Gipfeln der Staats- und Regierungschefs ein Ritual: Wenn sie nach Gipfelende einzeln vor die Presse treten, verkauft jeder das Ergebnis als seinen ganz persönlichen Erfolg - und man könnte glauben, die 28 Staatenlenker seien die letzten Stunden nicht bei einem gemeinsamen, sondern bei 28 Gipfeln gewesen.

Beim Sondergipfel zum Flüchtlingsdrama im Mittelmeer war von diesem Ritual wenig zu sehen.

Bundeskanzler Werner Faymann, der nach den Gipfeln erfahrungsgemäß einen sehr positiven Blick auf die Resultate pflegt, war betont zurückhaltend: Das, worauf man sich eben geeinigt hatte, werde die Situation der Flüchtlinge nicht "nachhaltig verbessern"; "aber jeder einzelne Tote, der verhindert werden kann, ist wichtig".

Normalerweise ist der Kanzler - oft zu Recht - auch auf Formalitäten bedacht, also zb was wie im Protokoll festgehalten wurde. Diesmal, gefragt, ob nicht nur die Mittel für Triton aufgestockt werden, sondern auch das Mandat ausgeweitet wird, sagte Faymann: "Es geht nicht um Überschriften - wichtig ist, dass Menschen gerettet werden."

Und als er aufzählte, wo die EU-Staaten mit Partnern in Afrika zusammenarbeiten müssten, schob Faymann in einem Nebensatz ein, dass "wie Sie wissen, Österreich ja bei der Entwicklungshilfe keine Vorbildrolle" spiele. Eine ungewohnt selbstkritische Feststellung - noch dazu ungefragt.

Also alles anders beim Sondergipfel?

Nicht ganz: Der britische Premier David Cameron zeigte sich trotz heikler Thematik im Wahlkampfmodus (UK wählt in knapp zwei Wochen ein neues Parlament). "Großbritannien wird - wie immer - helfen", sagte Cameron. "Als das Land mit dem größten Verteidigungsbudget können wir einen echten Beitrag leisten."

Man werde Schiffe und Helikopter bereitstellen, "um diese armen Menschen zu retten", sagte Cameron. Allerdings unter den "richtigen Bedingungen", wozu er vor allem eines zählt: "Dass die Geretteten in das nächstgelegene sichere Land kommen - wahrscheinlich Italien - und nicht sofort in Großbritannien Asyl suchen dürfen."

Hätte man mit wenigen Worten illustrieren wollen, wieso und woran eine gemeinsame Migrationspolitik der EU-28 bislang gescheitert ist - man hätte es kaum besser machen können als Cameron.

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