Abschied aus Brüssel: Barrosos Bilanz und Van Rompuys Familienfoto
Sie blieben selbstzufrieden, bescheiden und schrullig bis zuletzt
Wahl der neuen EU-Kommission am Mittwoch in Straßburg, Gipfel der Staats- und Regierungschefs am Donnerstag in Brüssel - es war auch die Woche der Abschiede: Ratspräsident Herman Van Rompuy leitete zum letzten Mal ein Gipfeltreffen, Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso hatte seine letzten großen Auftritte vor dem Parlament und dem Rat; er ist ebenso wie Außenbeauftragte Catherine Ashton nur noch ein paar Tage im Amt, bis am 1. November die Juncker-Kommission ihre Arbeit aufnimmt.
So unterschiedlich die drei Brüsseler Spitzen in ihren Ämtern gaben, so unterschiedlich nahmen sie nun auch Abschied.
Barroso, dem seit langem ein Hang zur Eitelkeit nachgesagt wird, scheidet mit einer fetten Bilanz aus dem Amt - zumindest, wenn man die Seitenzahl seines Abschiedswerkes in Betracht zieht: Auf mehr als 600 Seiten kann man "Eine Bilanz des Präsidenten" mit "ausgewählten Dokumenten", u.a. Reden Barrosos, lesen. Wie er seine zehn Jahre an der Spitze der Kommission beurteilt, lässt sich schon aus dem Vorwort ableiten:
"Am 26. 11 Juni 2004 beschrieb der frühere Kommissar für Außenbeziehungen, Chris Patten, in einem Interview mit der BBC das Amt des Präsidenten der Europäischen Kommission als „so ziemlich den schwierigsten Job in der westlichen Welt“. Nach zehn Jahren auf diesem Posten kann ich dem nur zustimmen."
"Echtes" Familienfoto
Van Rompuy, der oft als farblos und zurückhaltend charakterisiert wurde, gab sich zum Abschied bescheidener: Er wollte bei seinem letzten Gipfel ein "echtes" Familienfoto - und holte zum routinemäßigen Fototermin mit den 28 Staats- und Regierungschefs seine Enkelkinder dazu:
Die EU-Granden nahmen die Auflockerung wohlwollend an - nur einer von Van Rompuys Enkeln hatte gar keine rechte Freude damit, mit all den Politikern zu posieren:
Wenn es stimmt, was in Brüssel erzählt wird, hat Catherine Ashton ihren Abschied aus Brüssel so schrullig gestaltet, wie sie manchmal aufgetreten ist: In Kommissionskreisen heißt es, Ashton hätte die Mitarbeiter ihres Hauses zu einem "Abschieds-Kaffee" auf Sparflamme eingeladen - mit dem (angeblichen) Hinweis, sie, Lady Ashton, werde ihre eigene Kaffeetasse mitbringen und erwarte dies auch von den "Gästen" ...
Der neue Kommissionschef Jean-Claude Juncker wiederum soll schon an den geeigneten Rahmenbedingungen in seinem neuen Büro arbeiten lassen: Aus guter Quelle hieß es zuletzt in der Kommission, Juncker habe sich angesichts des Rauchverbots in der Behörde schon ein "Raucherkammerl" anfertigen lassen - damit er nicht für jeder seiner angeblich rund 40 Zigaretten pro Tag vor die Tür treten muss ...
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