Wunder gibt es immer wieder

Heute ist Mariä Empfängnis. Und weil der Feiertag heuer auf einen Sonntag fällt, bleibt Zeit für Andacht statt Shopping. Daher soll hier einmal gezeigt werden, wo Immaculata bereits gesichtet wurde.

Zumindest die Tourismus-Verantwortlichen hatten sich auf i h r e n Besuch gut vorbereitet: Der Schlossberg erhielt eine neue WC-Anlage und 240 Sitzbänke sollten den wahrhaft Gläubigen das Warten bequemer machen. Dann erschien ... nein, nicht sie, sondern er: Salvatore Caputa kniete nieder, hob die Hände und schloss die Augen.
Seit bald 25 Jahren behauptet der 67-jährige Sizilianer regelmäßig, Marien-Erscheinungen zu haben und diese vorhersagen zu können. Zuletzt im kärntnerischen Bad St. Leonhard.

Anerkannt

Die katholische Kirche nimmt Marien-Erscheinungen sehr ernst. Deshalb gibt es nur sehr wenige, die offiziell anerkannt sind: Lourdes in Frankreich, Fatima in Portugal oder Banneux in Belgien. Dem bekannten Erscheinungsort Medjugorje in Bosnien blieb die Anerkennung bisher versagt, weil „die Erscheinungen noch nicht vollendet sind“, sagt Jakob Ibounig, Leiter des Referates Kirchenrecht in der Diözese Gurk-Klagenfurt. Man sei beim Anerkennen sehr vorsichtig, weil allzu oft übersteigerte Frömmigkeit oder lebhafte Fantasie statt echte Marien-Erscheinungen vorliegen.

Nicht anerkannt

In Österreich und Deutschland gibt es demzufolge überhaupt keine anerkannte Marien-Erscheinung. Keine Kirchenstelle hat die bevorzugten Orte ihres inoffiziellen Auftauchens aufgelistet.
„Daneben gibt es aber die inoffizielle Seite – den Volksglauben, dass zum Beispiel ein Gnadenbild zu weinen begonnen hat“, sagt Rupert Klieber vom Institut für Historische Theologie – Kirchengeschichte der Universität Wien. „Maria hatte in Österreich in der Barockzeit Hochkonjunktur und in der Zeit der Gegenreformation, im 17. und 18. Jahrhundert.“ Damals entstanden viele Marien-Wallfahrtsorte. In ihren Gründungslegenden geistert so manche Maria herum.

Nehmen wir nur Maria Saal: Da soll 998 ein Marienbild aus Steinguss, das ein Märtyrer mit Namen Adalbert von Prag nach Italien schicken wollte, von den Pferden selbstständig nach Maria Saal gezogen und dort aufgestellt worden sein. In Neukirchen am Ostrong sei die Gottesmutter im 14. Jahrhundert höchstselbst erschienen und habe mit Holzspänen markiert, wo sie ihre Kirche erbaut haben wollte, die Größe inklusive. Und im tirolerischen Absam entdeckte die damals 18-jährige Rosina Bücher 1797 ein Muttergottesbild im Fenster, das sich zwar nass abwischen ließ, aber immer wieder sofort erschien.

Jeder Zeit ihre Maria

Marien-Erscheinungen ändern sich mit den Epochen und dem Zeitgeist, hat Kirchengeschichtler Klieber beobachtet: „Zuerst waren da die spätmittelalterlichen Marienstatuen, die in der darauffolgenden Zeit als wundertätig wahrgenommen wurden und Wallfahrten angezogen haben. Mit der Gegenreformation wurden die Gnadenbilder modern. Mariahilf ist ein typisches Gnadenbild, das die ganze Donau entlang verehrt wurde.“ Mitunter weinten diese Gnadenbilder, wie jenes aus Obermallebarn, das im Cholera-Jahr 1831 vom 9. bis zum 14. Oktober durchgeflennt haben soll.
„Mit dem 19. Jahrhundert kommt die Zeit der Marien-Erscheinungen, denken Sie nur an Lourdes oder Fatima. In ganz Österreich wurden in der Folge Lourdes-Grotten gebaut und Kopien der französischen Statue aufgestellt.“ Womit Klieber auf die Konkurrenz der Wallfahrtsorte untereinander zu sprechen kommt.

Geistliche Kurorte

„Je mehr Wunderberichte sie vorweisen konnten, desto nachhaltiger war der Strom der Wallfahrer dorthin, durchaus vergleichbar mit Kurorten.“ Der Kirchenhistoriker nennt das „einen religiösen Dienstleistungssektor. In früheren Jahrhunderten war die Wallfahrt Teil der Urlaubsregelung. Man durfte ein- bis zwei Mal pro Jahr Wallfahren gehen.“ An Mariä Himmelfahrt, Mariä Geburt, Mariä Lichtmess oder eben Mariä Empfängnis.
Ach ja, die vom eingangs erwähnten Salvatore Caputa für den 27. April 2013 im kärntnerischen Bad St. Leonhard vorhergesagte Marien-Erscheinung hat tatsächlich stattgefunden. Allerdings sah sie nur der selbst ernannte Seher.

Wunder gibt es immer wieder

Feiertag

Mariä Empfängnis ist in Österreich seit 1955 ein gesetzlicher Feiertag. Die katholische Kirche begeht den „Tag der Empfängnis der Allerheiligsten Gottesmutter durch Anna“ seit 1708.

Legende

Anders als vielfach angenommen wird nicht die Empfängnis Jesu sondern die von Maria, der Mutter Jesu, gefeiert. Anna und Joachim waren lange kinderlos, Dann ging Joachim für 40 Tage in die Wüste, um zu fasten und zu beten. Der Engel Gottes erschien Joachim und teilte ihm mit, dass er und Anna ein Kind bekommen werden. Freudig lief er nach Jerusalem, traf Anna vor dem Tempel, sie umarmten einander und dieser Moment wird als „Mariä Empfängnis“ bezeichnet. Maria ist „unbe- fleckt empfangen“ worden, heißt für Gläubige: frei von Erbsünde.

Shoppen

Seit 1995 dürfen die Geschäf- te am Marienfeiertag offen halten. Heuer aber nicht: Der 8. Dezember fällt auf einen Sonntag.

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