Warum Heiraten heutzutage Rock´n´Roll ist

Warum Heiraten heutzutage Rock´n´Roll ist
KURIER.at-Redakteurin Birgit Gehrke ist verheiratet. Warum sie Ja sagte - und das Wort "Ehemann" trotzdem nicht so leicht über die Lippen bringt.

"Du bist die Einzige von uns, die verheiratet ist, schreib doch eine Kolumne darüber, wie das so ist!" Mit diesen Worten wurde ich von meiner Chefin mit einer Aufgabe bedacht, die mir nun Kopfzerbrechen bereitet. Denn ich war alles andere als eine "typische Braut", wenn es diese denn gibt.

Doch es stimmt, ich bin seit etwas mehr als vier Jahren verheiratet. Und ja, nicht viele in der Redaktion haben diesen Schritt bereits gewagt. Beziehungsweise hat es mit "wagen" gar nicht so viel zu tun. Meine Kollegen und Kolleginnen wollen einfach nicht.
Auch ich wollte nicht. Lange Zeit habe ich jedem, der es wissen wollte, mitgeteilt: "Ich heirate nie." Das weiße Kleid, heulende Verwandte, eine riesige Hochzeitstorte, eine festlich geschmückte Kirche - nein, danke. Heiraten - igitt. Wie konservativ.

Pragmatismus statt Romantik?

Warum ich dann doch als Braut vor dem Altar landete? Leider kann ich mit keiner kitsch-romantischen Erklärung dienen. Anders als ich, wollte mein späterer Ehemann schon heiraten. Aber irgendwann. So mit 40. Von diesem Alter trennen uns beide immer noch einige Jahre. Trotzdem fingen wir während einer nächtlichen Wanderung von Lokal X in die gemeinsame Wohnung an, vom Heiraten zu reden. Und nicht nur das, wir beschlossen, den Schritt zu wagen.

Natürlich, man kann heutzutage auch ohne Trauschein sehr gut und glücklich zusammen sein. Aber, dieses Bild von einem fröhlichen, ungezwungenen Fest, ließ uns nicht mehr los. Und natürlich sind auch die ehelichen Rechte meist von Vorteil. Es ist nun mal ein Fakt, dass man durch eine Heirat besser abgesichert ist. So auch der Grund, warum ein befreundetes Pärchen - er ein Extrem-Alpinist - nach Jahrzehnten der wilden Ehe, zum Standesamt schritten. Denn sollte ihm, dem Bergsteiger, auf einer seiner zahlreichen Touren etwas passieren, steht sie, die Bergsteiger-Witwe, trotz all der gemeinsamen Jahre, sehr alleine da. Und das nicht nur ob des furchtbaren (man will es natürlich nicht hoffen) Verlustes. Also der logische Schritt: "Du, Bergsteiger, gefährlich - heiraten?" Mag für Romantiker furchtbar klingen, ist es aber nicht.

Wir heiraten!

Doch zurück zu mir. "Warum heiratet ihr?" war eine oft gestellte Frage zu jener Zeit. "Weil wir es wollen", so lautete die einfache Antwort. Und irgendwie fanden wir es auch ziemlich rebellisch, etwas zu tun, was heute viele nicht mehr tun wollen. Ha, wir heiraten! Rock'n'Roll!

Zahlreiche ungläubige Blicke waren die Folge. Meine Eltern hingegen konnten ihr Glück nicht fassen, hatten sie doch ihre Tochter als Braut bereits abgeschrieben.

Dem Entschluss und der Verkündung folgte der Gang zum Standesamt, schließlich stand der Termin fest: der 22. Juli. Vier Monate Vorbereitungszeit. Für manche der pure Wahnsinn, für uns war die Zeit mehr als ausreichend. Natürlich bleibt es jedem selbst überlassen, wie der Tag (der hoffentlich nicht der "schönste des ganzen Lebens" ist - es wäre doch ein wenig traurig, nur einmal 24 glückliche Stunden zu haben) gestaltet wird - ob eine durchgestylte Hochzeit, deren Termin ein Jahr zuvor feststeht, oder eine spontanere Hochzeit. Nichts davon lässt voraussagen, wie sich die Ehe später entwickeln wird. Nur weil etwa Elvis statt eines Pfarrers vor einem steht, heißt das nicht, dass man die Sache nicht ernst nimmt.

Feier an der Grenze

Warum Heiraten heutzutage Rock´n´Roll ist

Ich wollte die Planung des Hochzeitsfestes jedenfalls nicht in fremde Hände geben, sondern alles selber machen. Von den Einladungen (in Stoff gestickte Herzen auf Karton) über die Tischdeko (bunte Filzblumen und bunte Topfblumen) bis hin zu den Gastgeschenken (Blumen zum Anstecken und - was weit größeren Anklang fand - ein personalisiertes Hochzeitsbier). Die passende Location für die Feier wurde von meiner Schwiegermutter entdeckt: Ein uriges Gasthaus kurz vor der ehemaligen Grenze nach Slowenien, am Wurzenpass. Zuerst mit Skepsis begutachtet, schließlich als perfekt empfunden und nicht bereut. Wer kann schon von sich behaupten, am Hochzeitstag gemeinsam mit den Zöllnern eine Passkontrolle gemacht zu haben?

Geheiratet habe ich dann doch in Weiß. Allerdings ohne Rüschen. Alles schlicht, alles locker, so lautete die Devise. Die Trauzeugin in Flip Flops, kein Problem.

Und so wurde der Tag, der heißeste des Jahres übrigens, wirklich zu einem der schönsten in meinen Leben: Ein fröhliches Fest mit Menschen, die mir viel bedeuten, und die mit mir und meinem Mann feierten.

So bin ich nun seit einigen Jahren verheiratet und glücklich über meine Beziehung. Nur mit dem Wort "Ehemann" oder gar "Gatte" habe ich noch einige Probleme. Fragen Sie nicht. Das erscheint mir dann doch einen Tick zu konservativ. Einen Zwang, bis zum Ende unserer Tage zusammen zu bleiben, sehe ich nicht. Ich hoffe es - aber wir bleiben zusammen, solange wir wollen und nicht, solange es uns irgendwer oder irgendetwas vorschreibt.

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