Wahn vs. Wirklichkeit: Schizophrenie

Wahn vs. Wirklichkeit: Schizophrenie
An Schizophrenie Erkrankte können die Realität nicht mehr von ihrer eigenen, inneren Vorstellungswelt unterscheiden. Das erschwert nicht nur die Behandlung.

Für die Ärzte war ich schizophren, für die meisten anderen einfach nur ein Spinner. Mir war es eigentlich egal, wie die Leute mich nannten. Wonach ich suchte, das war ein Leben, das ich führen kann." Diesen Satz sagt Lukas, der Protagonist des Filmes "Das weiße Rauschen", am Ende aus dem Off - und beschreibt damit die Not vieler Betroffener. Kaum eine psychische Erkrankung ist mit so vielen Berührungsängsten, Vorurteilen und falschen Vorstellungen verbunden wie die Schizophrenie. So haben schizophrene Menschen beispielsweise keine - wie häufig angenommen - "gespaltene Persönlichkeit" à la Dr. Jekyll und Mr. Hyde. Auch stimmt es nicht, dass sie "gefährliche Psychopathen" sind und häufiger Straftaten begehen. Vielmehr handelt es sich bei der Schizophrenie um eine vielschichtige Erkrankung, bei der es zu gravierenden Veränderungen der Wahrnehmung, des Denkens und der Gefühle kommt.

Experten zufolge sind in Österreich rund 80.000 bis 100.000 Menschen an einer Schizophrenie erkrankt, meist sind sie zwischen 18 und 35 Jahre alt. Die genauen Ursachen konnten bislang noch nicht vollständig geklärt werden. Im medizinischen Sinne wird der Begriff Schizophrenie für eine ganze Gruppe von Erkrankungen verwendet, die mit Realitätsverlust, Trugwahrnehmungen, Wahnvorstellungen, Bewusstseinsstörungen, Störungen des Denkens und der Gefühlswelt verbunden sind. Schizophrenie wird auch als Stoffwechselstörung des Gehirns verstanden, bei der bestimmte Botenstoffe im Gehirn vermehrt, und andere wiederum vermindert auftreten.

Charakteristisch für eine schizophrene Erkrankung ist das veränderte Erleben der eigenen Person, der eigenen Identität. Der Betroffene erlebt sich als unwirklich und fremd und kann seine Gedanken, Gefühle und Handlungen nicht mehr als selbst gesteuert empfinden. Häufig geht damit auch eine Veränderung der Wahrnehmung einher. So werden z.B. Stimmen gehört und für real gehalten, obwohl der entsprechende Sinnesreiz gar nicht vorhanden ist - dennoch konnte nachgewiesen werden, dass dabei die gleichen Hirnareale aktiv sind, wie beim "realen" Hören auch. Derartige Halluzinationen können auch die anderen Sinne wie Sehen, Fühlen, Riechen oder Schmecken betreffen. Im Laufe der Erkrankung kann es weiters dazu kommen, dass Betroffene unter Wahnvorstellungen leiden - sich beispielsweise beobachtet und verfolgt fühlen, oder der fixen Überzeugung sind, dass "höhere Kräfte" ihr Denken, Fühlen und Handeln beeinflussen. Aufgrund der Halluzinationen und der Wahnvorstellungen leiden viele unter Angst. Auch die Denkweise entspricht nicht mehr der von Gesunden. Die Erkrankten bemerken selbst oft Blockaden oder ein Stocken des Gedankenflusses. Ebenso wird von stark drängenden Gedanken berichtet, was sich auch in einem veränderten Sprachgebrauch niederschlagen kann. Was das Gefühlsleben von an Schizophrenie Erkrankten angeht, so können die Veränderungen sehr vielgestaltig sein. Häufig ist der emotionale Kontakt zu anderen Menschen reduziert. Auch haben Betroffene Schwierigkeiten, ihre Gefühle angemessen auszudrücken. Spannungen im zwischenmenschlichen Bereich sind damit vorprogrammiert. Im Rahmen der Erkrankung kann es auch zu psychomotorischen Störungen kommen. Diese zeigen sich als Verharren in Reglosigkeit, obwohl der Betroffene bei vollem Bewusstsein ist - oder es kommt umgekehrt zu einer starken motorischen Unruhe.

Da Schizophrene zwischen der Wirklichkeit und ihrer eigenen, inneren Vorstellungswelt nicht mehr unterscheiden können - ihre Einbildungen also für real halten - und sie mit logischen Argumenten nicht vom Gegenteil zu überzeugen sind, ist eine Krankheitseinsicht oft nicht gegeben. Das wiederum macht eine Behandlung gerade anfangs schwierig. Besonders in akuten Phasen, beispielsweise wenn große Ängste auftreten oder es zu starken Spannungen mit dem Umfeld kommt, ist daher die Einweisung in ein Krankenhaus mitunter vonnöten. Sehr selten kann es im Rahmen einer Schizophrenie dazu kommen, dass eine Gefahr für die Gesundheit des Kranken selbst oder andere Menschen besteht, auch dann ist ein stationärer Aufenthalt erforderlich. Bei der Behandlung hat sich die Kombination aus verschiedenen Maßnahmen bewährt. In der Regel setzt sich diese aus pharmakologischen, psychotherapeutischen und sozialtherapeutischen Maßnahmen zusammen. Die Gruppe der am häufigsten eingesetzten Medikamente heißt Antipsychotika. Je nachdem, wie der Patient und der Arzt gemeinsam entscheiden, können die Wirkstoffe als Tablette eingenommen oder als langwirksame Injektion verabreicht werden.

Prognostische Einschätzungen lassen sich nur schwer abgeben, da dabei verschiedene Faktoren eine Rollen spielen, und bestimmte Symptome können den Erkrankten lang, manchmal sogar lebenslang begleiten. In der Regel aber gilt: Je früher eine Schizophrenie erkannt und behandelt wird, desto günstiger verläuft sie.

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