Wohnen aufs Feld verlegt

Auf dem ehemaligen Flughafengelände Tempelhof in Berlin haben sich Gärtner eingerichtet

Zuerst stellte sich einer eine Bank zum Ausruhen neben sein Hochbeet, andere zogen nach mit Stühlen, nur die aus Plastik waren verboten. Sonst gab es kaum Vorschriften, als es vor drei Jahren potenziellen Gärtnern aus dem angrenzenden Stadtteil Neukölln – oder von sonst wo her – gestattet wurde, auf dem Tempelhoferfeld in Berlin 5000 Quadratmeter in Beschlag zu nehmen.

Nur ein „Dorfplatz“ musste frei bleiben und zwei „Straßen“, die sich dort kreuzen.

Agrarland für alle

Heute sind 900 Leute an 300 Beeten beteiligt und viele stehen auf einer Warteliste. Am Horizont sieht man die alten Flughafengebäude, in der Nähe die Betonsockel der Positionslichter auf dem ehemaligen Flugfeld. Es ist öffentliches städtisches Gelände, für das pro Quadratmeter ein Euro Nutzungsgebühr jährlich zu zahlen ist.

Initiator war das Allmende-Kontor (benannt nach dem traditionellen Begriff für gemeinschaftliches Agrarland in den Dörfern), das sich als Schaltstelle für die Vernetzung von Gemeinschaftsgärten und urbaner Landwirtschaft versteht.

Anbauen kann jeder, was er will. Um Grundlegendes, wie gute Erde für eine reiche Gemüseernte, hat das Kontor mit seinen freiwilligen Helfern gesorgt. Doch es geht nicht nur ums Ernten. „Ich wohne seit 20 Jahren in Neukölln“, bringt es eine der Gärtnerinnen auf den Punkt, „aber ich habe noch nie so viel Gemeinschaft gehabt.“

Starker Zusammenhalt

Man knüpft Kontakte beim Säen und beim Ernten und es gibt immer wieder etwas zu feiern. Für Ruhepausen hat sich fast jeder eine Wohnstube an seinem Beet errichtet – mit Ledersofa und Küchentisch, mit Gardinen, Hirschgeweih und Bildern. Was man gelegentlich zu Hause ausrangiert, landet jetzt nicht mehr gleich im Sperrmüll, sondern macht vorher noch ein oder zwei Sommer lang aus dem Garten eine Wohnlandschaft – und sorgt für noch mehr Kontakte.

www.allmende-kontor.de

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