Braun oder weiß? Wie Vögel ihre Eier färben

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Die Tiere kolorieren ihre Eier. Warum sie das tun, ist Gegenstand der Forschung. Mit der Farbe des Gefieders hat es nichts zu tun.

Weiße Haushühner legen weiße Eier, braunes Geflügel brütet über braunem Gelege – möchte man glauben, stimmt aber nicht. Die Farbe der Federn sagt nichts über die Farbe der Schalen aus. Vielmehr lässt sich diese an den Ohrscheiben, die hinter den Augen liegen, ablesen. Bei Rassehennen.

Die Vogelwelt ist deutlich bunter. Die Palette an natürlichen Eierfarben und die Kunst der Verzierung faszinieren zoologisch Interessierte seit Langem. Trotzdem ist die Oologie – vulgo Vogeleierkunde – ein Stiefkind der Ornithologie. Nur Eckdaten zum Oval sind bisher bekannt.

Fix ist, wie Vögel ihre Eier kolorieren. "Im Prinzip gibt es zwei Gruppen an Farbstoffen", erklärt Eva Karner-Ranner von Birdlife Österreich. Beide sind mit dem Blutfarbstoff Hämoglobin verwandt. Bilirubin lagert sich im Laufe der Ei-Produktion schon sehr früh in den Kalkschichten ein und verleiht der Schale die flächendeckenden Blautöne. Protoporphyrin sorgt für den rot-bräunlichen Anstrich und kommt mitunter erst im letzten Moment aufs Ei. "Das Pigment wird in verschiedenen Stadien eingelagert. Wenn es knapp vor dem Legen aufgebracht wird, ist es noch nicht ausgehärtet", sagt die Vogel-Expertin.

Das eine Mal entstehen Punkte, Flecken, Flatschen (große Flecken). Das andere Mal überdecken Kleckse die untere Makulatur. Kritzeleien wie Striche, Haar-, Wurm- oder Zickzacklinien resultieren aus Drehbewegungen während des Färbeprozesses. Drüsen in der Uteruswand fungieren als Malpinsel. Komplizierter wird es, wenn es um das Warum geht.

"Vieles in der Schwebe"

"Da gibt es verschiedene Gründe und vieles, was noch in der Schwebe ist", sagt die Ornithologin. Als gesichert gilt, dass Bodenbrüter ihren Eiern Tarnfarbe verpassen; Fressfeinde sollen keine leichte Beute haben. Federvieh, das sein Gelege nicht vor räuberischen Blicken schützen muss, begnügt sich in der Regel mit Reinweiß.

Die Pigmentierung kann aber mehr als nur Täuschen. Sie erhöht etwa auch die Stabilität der Hülle. Untersuchungen an der Kohlmeise zeigten, dass Vögel bei Kalkmangel Eier mit dünneren Schalen, aber deutlich mehr Flecken produzieren als Artgenossen, die mit ausreichend Kalzium versorgt sind. Auch Lichtdurchlässigkeit und Temperierung hängen mit der Tönung zusammen. Weiß lässt mehr UV-Strahlen zum entstehenden Leben durch, dunkle Nuancen nehmen Wärme schneller auf.

Nicht zuletzt spielt die Optik im Familienleben eine Rolle – die perfekt Angepassten sind die evolutionären Überflieger. Karner-Ranner zitiert Studien über Wanderdrosseln und Halsbandschnäppern: "Je intensiver das Blau ihrer Eier ist, desto fitter ist das Weibchen, desto mehr investiert das Männchen in die Aufzucht."

Apropos Überlebenskampf: Brutparasiten wie der Kuckuck müssen ihre Eier auf die der Wirtinnen abstimmen, sollen diese nicht gleich aus dem Nest geworfen werden. Manche Ziehmütter, bei uns z.B. der Baumpieper, versuchen sich vor untergejubelter Brut zu schützen, indem sie ihre eigenen Nachkommen in andere Schale werfen. Ein Wettrüsten von Generationen. Die Erbinformation für die zerbrechlichen Äußerlichkeiten liegt dabei auf dem weiblichen Geschlechtschromosom, sie wird von Mutter an Tochter weitergegeben. "Es gibt Vogelarten, bei denen jedes Weibchen ein Leben lang ganz individuell gefärbte Eier legt", sagt die Birdlife-Expertin und nennt die Trottellumme in Großbritannien.

Solche Spielarten der Natur haben die Sammelleidenschaft, die im 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts weit verbreitet war, angekurbelt. Heute ist das Hobby längst verboten. Ein kleiner Trost in Zahlen bleibt: Von den rund 12.000 Vogelarten weltweit legen zirka 4200 einfarbige Eier, mehr als 3200 davon sind blütenweiß.

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