Wie fairer Handel die Gleichstellung beeinflusst

Wie fairer Handel die Gleichstellung beeinflusst
Rosemary Achieng setzt sich auf einer Blumenfarm in Kenia für Gleichberechtigung ein und berichtet, was sich in den letzten Jahren verändert hat.

Wer Blumen verschenkt, bereitet damit Freude - getrübt wird sie, wenn man weiß, unter welchen Bedingungen sie auf riesigen Farmen in Afrika und Lateinamerika produziert werden. Sexuelle Belästigung, Nötigung, Diskriminierungen, schlechte Bezahlung und sorgloser Umgang mit giftigen Pflanzenschutzmitteln – auf vielen Blumenfarmen, etwa in Ostafrika herrschen unzumutbare Arbeitsbedingungen, wie BBC zuletzt berichtete.

Rosemary Achieng kennt diese Probleme. Die 47-Jährige arbeitete viele Jahre als Blumenarbeiterin, war alleinerziehend mit drei Kindern - eine schwierige Situation, wie sie im KURIER-Gespräch erzählt. Mittlerweile ist Achieng Vorarbeiterin bei "Panda Flowers" und für die Personalführung im Gewächshaus sowie das Qualitätsmanagement der Rosen zuständig. Seit 13 Jahren ist die Farm Fairtrade-zertifiziert und muss bestimmte Kriterien erfüllen, wie zum Beispiel vorgeschriebene Sozialanforderungen. Vieles hat sich seither verbessert. Achieng engagiert sich etwa in der Gleichstellungskommission - Frauenrechte zu stärken, sei ihr ein großes Anliegen. Zum Beispiel, dass sie wie ihre männlichen Kollegen fair bezahlt werden und für alle geregelte Arbeitszeiten, Ruhetage und Sicherheitsbestimmungen gelten. "Bei uns kann sich jeder an Diskussionen beteiligen, seine Anliegen vorbringen und wird gehört", sagt die 47-Jährige. Auch wenn es Beschwerden gibt. Das sei auf konventionellen Farmen meist unüblich - wer Kritik übt, wird eingeschüchtert oder mit Kündigung konfrontiert, etwa wenn sie einer Gewerkschaft beitreten wollen.

Aufklären über Rechte

Wie fairer Handel die Gleichstellung beeinflusst
Fast eine halbe Million Menschen sind in Kenia vom Geschäft mit den Schnittblumen abhängig. 90.000 arbeiten direkt auf Blumen- oder Pflanzenfarmen. Mehr als 900 sind es alleine auf der "Panda Flowers" Farm - 40 Prozent davon sind Frauen, erklärt Rosemary Achieng. Viele davon haben keine Ahnung, welche Rechte ihnen zustehen. Seit Jahren ist Achieng in ihrer Position bemüht, die Frauen aufzuklären und zu schulen, damit sie ihre Rechte aktiv einfordern oder im Härtefall einklagen können. Zum Beispiel, wenn es um Schwangerschaft, Geburt und Karenz geht. Was medizinische Versorgung und Kinderbetreuung geht, ist Achieng zufrieden. Von den Prämien, die sie vom Fairtrade-Verkauf bekommen, konnte in der Region eine Geburtsklinik aufgebaut werden. Das alte Krankenhaus konnte die ärztliche Versorgung der Gemeinde nicht mehr tragen - alleine in den letzten Jahren kamen 70.000 neue Mitarbeiter in die Region. Die Fairtrade-Prämie für Produzentenorganisationen beträgt derzeit 10 % auf den Verkaufspreis. Wofür die Prämie verwendet wird, entscheidet auf der Panda Flowers-Farm ein 16-köpfiges Komitee. So investierte man etwa in eine Maismühle - das Mehl wird günstig an die Arbeiter verkauft -, ein modernes Wasserreinigungssysteme und Wohnräume für die Angestellten. Für deren Nachwuchs gibt es wiederum einen Kindergarten. Rosemary Achiengs Kinder sind mittlerweile aus dem Gröbsten heraus. Der jüngste Sohn macht gerade seinen Schulabschluss, die zwei anderen studieren an der Universität.

Obwohl sich in Sachen Gleichberechtigung auf der Panda-Flowers Blumenfarm vieles verbessert hat, sieht Achieng noch Potenzial: "Frauen sollen auch eine gleichberechtigte Teilhabe in Führungspositionen haben, daran müssen wir noch arbeiten."

Hintergrund: Die fehlende Gleichstellung von Mann und Frau sei laut Studien zufolge weltweit das größte Hindernis für die Weiterentwicklung von Gesellschaften. Zirka 43 Prozent der landwirtschaftlichen Arbeit in Entwicklungsländern wird von Frauen geleistet. Allerdings fehlt es ihnen an Land, Zugang zu Krediten, technischer Unterstützung und Informationen. Die UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) schätzt, dass die Zahl der unterernährten Menschen um 100 – 150 Millionen reduziert und die landwirtschaftliche Leistung in Entwicklungsländern um etwa 2,5 bis 4 Prozent gesteigert werden könnte, wenn die Ungleichheit der Geschlechter auf dem Agrarsektor beseitigt würde.

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