Aufregung um Smoothie-Hersteller: "Der Trump der Lebensmittelbranche"

"True Fruits" sorgt mit seiner neuesten Werbekampagne für einen Sexismusskandal
Der deutsche Smoothie-Hersteller "True Fruits" hat mit seiner aktuellen Werbekampagne ordentlich daneben gegriffen.

Das Rezept für eine Werbekampagne, die garantiert für Schlagzeilen sorgt, klingt einfach: Als Hauptzutat nehme man einmal die Lust an der Provokation und würze dann mit politisch unkorrekten und sexistischen Anspielungen und füge zum Abschluss noch eine Messerspitze Selbstironie hinzu. 

Diese Mischung funktioniert beim deutsche Smoothie-Hersteller "True Fruits" blendend. Regelmäßig sorgen die Werbeslogans des Unternehmens für öffentliche Erregung. So wurde ein schwarzer Smoothie mit den Worten "Schafft es selten über die Grenze" beworben. "Noch mehr Flaschen aus dem Ausland" prangt neben weiteren Flaschen mit schwarzem, dunkelrotem und gelbem Inhalt. Zwei Getränke der Sorte "Chia" sollen per "Oralverzehr" schnell zum Samenerguss führen und eine Flasche mit pinkfarbenen Inhalt sei "Unser Quotenpinker“.

"Cumback" des Sommers

All das sind Beispiele für Werbungen, die "True Fruits" in der Vergangenheit geschalten hat. Nun sorgt ein neues Sujet für Aufregung. Ihre neueste Kampagne wurde schon in weiser Voraussicht mit den Worten "Achtung! Diese Werbung könnte von dummen Menschen missverstanden werden!" versehen. Doch den "Dummen" wurde es bei dieser Werbung für einen Smoothie, der aussieht wie eine Sonnencremeflasche, dann wirklich zu dumm.

Denn nicht nur die Aufmachung der Falsche zeugt von einem recht eigenwilligen Sinn für Kreativität. Auch das dazugehörige Werbebild ist eine Gratwanderung entlang des Zeigbaren und Sagbaren: Zu sehen ist der Rücken einer Frau, der mit der Smoothie- "Sonnencreme" ein kleiner, spritzender Penis aufgemalt wurde. Passend dazu wird mit den Worten "Sommer, wann feierst du endlich dein Cumback?" getitelt (Cum, engl. "Sperma").

Die Redaktionen auf das Bild in den sozialen Netzwerken zeigen: Diese Werbung kommt bei vielen alles andere als gut an. "Legt euch mal eine richtige Marketingabteilung zu, die keine komplett unangebrachte Message fabriziert!" oder "Warum beschmiert ihr eine Frau sexistisch, um euer Produkt zu bewerben?", ist dort zu lesen.

Doch das Unternehmen hat mittlerweile gelernt, wie man auf kritische Kommentare getreu der hauseigenen Kommunikationsstrategie antwortet. Dabei müssen sich Kritiker teils Beleidigungen unter der Gürtellinie gefallen lassen. "Hast du ein Penis-Trauma?" fragt das Social-Media-Team beispielsweise eine Nutzerin, nachdem diese den Slogan kritisiert hat.

Foto widerrechtlich verwendet

Das Originalbild der besagten "Sonnencremewerbung" erwarb "True Fruits" vom Stockphoto-Dienstleister Peopleimages. Wie mittlerweile bekannt ist, widerspricht die Art und Weise wie das Foto verwendet wurde den AGBs des Fotodienstleisters. Eine Bildbearbeitung die das Model herabwürdige sei unzulässig, heißt es dort. Laut einer Mail, die dem KURIER vorliegt, hat Peopleimages angekündigt, den deutschen Smoothie-Hersteller aufzufordern, das Bild zu entfernen. In einem Statement äußerte sich auch Delmaine Donson, die Fotografin des Bildes zu dem Vorfall. Sie finde die Bearbeitung ihres Werks durch "True Fruits" "definitiv anstößig". Außerdem sei sie sich sicher, dass das Model diese Darstellung nicht begrüße.

Auch in Österreich ärgern sich einige öffentlich über die provokante Kampagne. Bloggerin Madeleine Alizadeh, Kandidatin der Grünen für die Nationalratswahl, bezeichnet sie beispielsweise auf Twitter als "rassistisch", "sexistisch", "ableistisch", "lookistisch", "(fat) shamend" und "objektifizierend".

Verantwortung liegt beim Handel

Christian Berger, Mitinitiator des Frauenvolksbegehrens und Referent der Arbeiterkammer Wien, forderte den Lebensmittelhändler Spar auf, die Marke aus dem Sortiment zu nehmen. "Unternehmen wie 'Spar' trifft eine wirtschaftsethische Verantwortung in der Frage, welche Produkte sie ihren Kunden anbieten", erklärt er den Schritt. Dort verwies man aber darauf, dass die Vermarktung die alleinige Angelegenheit von "True Fruits" sei. Konsumenten müssten sich mit Kritik direkt an den Hersteller wenden.

"'True Fruits' fällt schon lange mit einer rassistischen, flüchtlingsfeindlichen und frauenverachtenden Werbelinie auf. Ihre Marketingstrategie ist darauf aufgebaut Personen, die diskriminiert, ausgegrenzt und benachteiligt werden, durch den Dreck zu ziehen", so Berger. Gesetze müssten regeln, was Werbung darf und was nicht. "Großbritannien hat beispielsweise ein Werbegesetz, das derartige Werbung zwar verbietet, die Meinungs- und Werbefreiheit allerdings nicht eingeschränkt."

Politisch Rechte als Zielgruppe

In den sozialen Medien erntet der Smoothie-Hersteller auch Zustimmung für seine Werbelinie. Christian Berger glaubt den Grund dafür zu kennen: "Die Marketingstrategie soll Personen ansprechen, die einen Hass auf die sogenannte politisch korrekte Sprache entwickelt haben." Besonders auf Twitter würden Afd-Wähler und Personen, die sich selbst klar dem rechten Rand zuordnen, zu den größten Fans von "True Fruits" gehören.

"Diese Gruppe ist besonders in Deutschland größer als man vielleicht annehmen würde. Und sie wurde bisher von keinem Unternehmen persönlich angesprochen“, sagt Berger. "True Fruits" schaffe es über ihr Marketing erfolgreich, diese Konsumenten aufzusammeln. "Sie sind praktisch die Donald Trumps der Lebensmittelbranche."

Eine solche Anhängerschaft lässt sich über die sozialen Netzwerke leicht mobilisieren. Das erkläre, laut Berger, die Lobeshymnen unter den Slogans von "True Fruits". Zudem würde diese mediale Gefolgschaft die Werbung in ihren Kanälen massenhaft teilen. "Hier wird von einem Unternehmen der politisch rechte Mob mobilisiert, um rassistische und sexistische Kampagnen zu legitimieren und das Produkt in der Bevölkerung zu verbreiten."

"Schuld war unser Praktikant"

Auf Facebook erklärt "True Fruits" seine extravagante Werbestrategie übrigens wie folgt: "Wir sind das regelmäßige Lamento einiger Zwangsempörter gewöhnt und entschuldigen uns bei allen, die davon ebenfalls zu Recht gelangweilt sind." Wer seine Kampagnen kritisiere, so das Unternehmen, dem fehle es an "Geistesschmalz".

Dieser erklärte den Slogan auf Instagram mit den Worten: "Oh Mist, jetzt verstehen wir die Aufregung und müssen was zurecht Rücken (!) - das war ein Schnellschuss unseres 13-jährigen Praktikanten, der hat den falschen Bildausschnitt hochgeladen. Hoppla. Tut uns leid." Das Statement wurde mit dem Hashtag #scheissschulferien versehen.

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