Die absurdesten Studien des Jahres

.
So wertvoll die Arbeit der Wissenschaft ist: Manche Erkenntnisse sind zweifelhaft. Aber lustig.

Zum Jahresschluss schlug die Wissenschaft noch einmal zu: Frauen mit großem Popo seien intelligenter, vermeldete die Universität Pittsburgh. Die konkrete Popogröße der Forscher ging aus der Studie nicht hervor, aber sie erinnerte an eine Erkenntnis der Universität Bristol. Die eröffnete uns vor Kurzem, dass langbeinige Frauen ein medizinisch besseres Herz haben – plus 4,3 Zentimeter Bein ergeben 16 Prozent weniger Herzinfarktrisiko. Diese beiden Studien liegen zwar im Spitzenfeld des absurdesten, banalsten und unseriösesten Halbwissens des Jahres 2015. Aber bei Weitem nicht an der Spitze.

Forscher des Universitätskinderspitals Zürich etwa verbreiteten ihr Fazit über Vorlieben zu Position und Form des männlichen Genitals. Die befragten Frauen maßen die meiste Bedeutung der Beschaffenheit des Schamhaares, dem Umfang und der Optik der Haut zu. Besonders unwichtig war ihnen, wie die Harnröhrenöffnung aussieht.

Dagegen kam die heimische Attraktivitätsforschung (gibt es wirklich) kaum an: Psychologen der Uni Wien erforschten mit 80 Probanden, dass schöne Gesichter länger angeschaut werden als unattraktive. Besonders seien Männer von schönen Frauenantlitzen gefesselt. Ah ja.

Was es alles gibt, aber geh

Hier zeigen sich zwei Merkmale modernen Studienwahns: Erstens kleine Stichprobenumfänge, bezeichnet als "n". n=80 ist wenig aussagekräftig, wenn auch besser als jene US-Studie über das Lach-Kalkül von Kleinkindern, bei der 13 Babys untersucht wurden. n=13 ist eher ein Plausch in der Babyyogagruppe als eine Studie.

Zweitens bestechen solche Quasi-Studien oft mit Banalitäten, marktschreierisch vorgebracht: "81 Prozent der Österreicher wünschen sich zu Weihnachten, dass es schneit" – diese Kunde überbrachte Marketagent.com, eine unerschöpfliche Quelle für Wow-Momente. Die American Psychological Association meldete derweil, dass Menschen Speisen mögen, die sie selbst zubereitet haben; die Versicherung Allianz, dass zu hohe Geschwindigkeit und Alkoholeinfluss Hauptursachen für Unfälle sind; das MindTake Research-Institut, dass 82 Prozent der Menschen, die gerne Mobile Games spielen, am liebsten Gratis-Spiele nutzen. Die No-Na-Goldmedaille 2015 erhält jedoch der Weekend-Report von erwähntem Meinungsforschungsinstitut Marketagent. Aus dem lernen wir, dass "7 von 10 Menschen dem Wochenende mit sehr oder eher großer Freude entgegen sehen". Und, die Haupterkenntnis: "Das Wochenende wird recht gemütlich verbracht."

Kopfweh & Sex

Eben diesem Institut verriet jeder zweite von 711 Befragten auch, dass sie oder er zumindest einmal im Monat Kopfweh hat – verursacht durch Wetter, Stress und Flüssigkeitsmangel. Gut, dass die Studie anmerkte, dass Medikamente zur Behandlung angewendet werden und welches davon die beste Wirkung haben soll.

Apropos Kopfweh. Wahre Studienorgien kommen aus dem Fachgebiet Sex. Auch hier überwiegt Banales: US-Soziologen an der Penn State Abington erforschten, dass Liebe den Sex befriedigender macht – zumindest für Frauen. Noch eifriger untersuchen Fremdgeh- und Datingplattformen den Planeten Koitus, "616.080 fremdgehende Frauen aus ausgewählten Ländern" verrieten Victoria Milan, dass Frauen humorvolle Männer mögen, noch mehr als intelligente und solche, die beim Cunnilingus besonders talentiert auftreten.

Hilfreich war dafür eine Studie der University of Michigan: Frauen, die ausreichend schlafen, haben nicht nur mehr Sex, sondern auch besseren. Die 171 Probandinnen waren nach ausgiebigem Schlaf (Schlafdauer von 7 Stunden und 22 Minuten) schneller erregbar. Und jede zusätzliche Schlafstunde steigerte die Wahrscheinlichkeit für Sex am nächsten Tag um 14 Prozent. Fazit: Acht Stunden Mehrschlaf erzeugt 112 Prozent-Sexbestien.

Skihaserl und heiße Spielchen

Quasi Kärntner Verhältnisse, denn die haben laut Studie die meisten Sexualpartner im Land. Dafür reizt ein Drittel der Frauen eher die Profession als die Herkunft, in der "Après-Ski-Umfrage" erklärte uns das Portal C-date.at weitere Klischees aus 1980er-Softpornos: 34 Prozent der Frauen würden "nach der Stunde ihren Skilehrer vernaschen", 27 Prozent "den holden Retter von der Bergwache". 19 Prozent der Männer würden "die gemeinsame sportliche Betätigung mit der Skilehrerin nach dem Kurs fortführen", 45 Prozent "der Berglöwen reicht auch ein normales Ski-Häschen für heiße Stunden auf der Piste." 28 Prozent stehen auf "heiße Spielchen im kalten Schnee." Uff.

Stichwort Urlaub: Der Hotel-APP HotelTonight erzählten 34 Prozent der Deutschen, dass Sex im Hotel fast doppelt so lange dauert. Aha. TripAdvisor fand in der Reisetrendsstudie heraus, dass 60 Prozent der Chinesen ihr eigenes Handtuch auf Reisen mitnehmen und für die Hälfte der deutschsprachigen Reisenden das Frühstück am wichtigsten sei. Aha. Noch etwas: Europäer sind untreuer, Amerikaner im Bett "beweglicher". Behauptet die umstrittene Internet-Arzt-Plattform Dr. Ed., das könnte also unseriös sein.

Langes, gutes Leben

Mehr Mühe gaben sich die Humboldt State und die University of California, deren Psychologen entdeckten, dass gar nicht alle Heavy-Metal-Fans der 1980-er Jahre gescheiterte, depressive und verrohte Existenzen geworden sind. Außerdem sagen sie retrospektiv öfter als die Vergleichsprobanden, ihre Jugend sei glücklich gewesen. Dennoch verkaufe sich Musik mit einfachen Instrumenten und Melodien besser als komplexer Jazz oder Metal, fanden Wiener Komplexitätsforscher heraus. Während viele Studien 2015 ungewollt komisch waren, gibt sich das renommierte British Medical Journal in der Spezial-Weihnachtsausgabe immer absichtlich lustig. Der in Studien verpackte Forscherhumor ist gewollt komisch, was nicht unbedingt besser ist: Das Karolinska Institut publizierte dort, wie viele Bob Dylan-Liedtexte in medizinischen Veröffentlichungen zitiert wurden (727, am öftesten "The Times They Are A-Changin’"), die Universität von Nijmegen diskutierte den Gang russischer Spitzenpolitiker ("Revolverhelden-Gang" mit "reduziertem Schwung des rechten Arms") und die Kent State University die Inkubationszeit bei einer Zombie-Apokalypse (wenige Sekunden bis einige Tage). Die Überlebenschancen stünden bei Null. Lebensverlängernd sei hingegen, wenn man nicht Regierungschef ist – Kanzler sterben um 2,7 Jahre vor ihren bei Wahlen unterlegenen Kontrahenten, berichtete die Harvard Medical School.

Aber eigentlich kann uns eh nix passieren. Denn laut der Marketagent-Studie "Österreich 2040" glauben zwei Drittel im Land, dass in 25 Jahren das Klonen von Organen ganz normal sein wird.

Kommentare