Was den Bienen zu schaffen macht

Wie steht es um die Europäische Honigbiene? Ein Forschungsprojekt startet.
Ein mehrjähriges Forschungsprojekt auf EU-Ebene soll die verschiedenen Stressfaktoren, die auf die Insekten wirken, klären.

Und wieder geht es um die Bienen. Während in Wien Global 2000 Imker, Vertreter von NGOs und der Pflanzenschutzmittelindustrie zu einem Runden Tisch einlud, stellte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) ein Großprojekt zur Erforschung der Stressfaktoren, die auf die Hautflügler wirken, vor. Geklärt werden soll, wie Parasiten, Krankheitserreger, Agrochemikalien wie Pflanzenschutz- oder Düngemittel sowie Veränderungen der Umwelt auf die Bienenvölker wirken und wie diese Faktoren miteinander in Interaktion stehen.

Was den Bienen zu schaffen macht
Bienen-Großprojekt EFSA
An dem mehrjährigen Projekt sollen sich unter anderem Bienenspezialisten sowie Experten für Tiergesundheit, Pflanzenschutz und Pflanzenschutzmittel beteiligen. Dieser integrative Ansatz sei notwendig, um zu verstehen, inwieweit diese Stressfaktoren am Bienensterben bzw. an der Schwächung der Bienenvölker beteiligt sind, sagte der irische Veterinärmediziner Simon More, der die EFSA-Arbeitsgruppe „Multiple Stressors in Bees - (MUST-B)“ leitet.

Überwachung

Dazu seien zuerst verlässliche und seriöse Überwachungsdaten etwa über Parasiten, Viren wie auch über Rückstände von Pflanzenschutzmitteln in den Bienenstöcken notwendig, die dann in einem computergestützten Modell verarbeitet werden sollen. Das alles mit dem Ziel, die Auswirkungen dieser Parameter zu klären und vorherzusagen. Die EFSA will dabei eng mit der EU-Kommission, den EU-Mitgliedstaaten und Forschungseinrichtungen zusammenarbeiten.

Die Pestizid-Experten der EFSA haben dafür das bereits existierende „Beehave“-Modell empfohlen, das jedoch noch für die Ansprüche des neuen Projekts adaptiert werden müsse. Mit „Beehave“ könne eine Bienenstock-Population unter der Berücksichtigung von Umweltfaktoren wie den Wetterkonditionen, der Verfügbarkeit von Nahrung (also Pollen und Nektar) sowie dem Schädling Varroamilbe und zwei diesem assoziierten Viren simuliert werden.

Für die Beurteilung der Bienengefährdung müsse man das „Beehave“-Modell noch um ein „Pestizid-Model“ erweitern, wie auch weitere Krankheitserreger berücksichtigt werden müssten. Genannt wurden die Faulbrut und der Parasit Nosema. Die Interaktion und Auswirkungen all dieser genannten Faktoren sollte dann infolge zu einer messbaren Größe werden, so die Pläne der EFSA.

Zahlen

Was den Bienen zu schaffen macht
ARCHIV - Bienen, aufgenommen am Mittwoch (14.03.2012) in Würzburg (Unterfranken) in einem Bienenstock. Bayerische Imker haben keinen Anspruch auf staatlichen Schutz gegen gentechnisch veränderte Pflanzen. Dies hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in einem am Mittwoch (28.03.2012) bekanntgegebenen Urteil entschieden. Ein schwäbischer Imker hatte den Schutz gefordert und gegen den Freistaat Bayern geklagt. Foto: Karl-Josef Hildenbrand dpa/lby +++(c) dpa - Bildfunk+++
Zahlen über den aktuellen Bienen-Bestand liefern die Welternährungsorganisation FAO, aber auchBiene Österreich. Sie belegen, dass das große Sterben so nicht stattfindet: Weltweit nahm die Zahl der Bienenvölker zu - von 75,3 Millionen auf rund 81 Millionen. Laut Biene Österreich stieg die Zahl der Bienenvölker hierzulande von 367.583 im Jahr 2010 auf 376.121 im Jahr 2014.

Bei einem Runden Tisch zum Thema „Bienenkrise als Chance“ in Wien haben Vertreter aus Wissenschaft, Landwirtschaft, Pflanzenschutzmittelindustrie, Umweltschutz und der Imkerei über das Bienensterben diskutiert. Einigkeit bestand weitgehend, dass es sich um ein „multifaktorielles Phänomen“ handeln würde, sagte Global-2000-Gastgeber Helmut Burtscher nach dem Treffen mit mehr als zehn Teilnehmern.

Honigbienen

„Es ist nicht sinnvoll, bei einem so komplexen System einen Schuldigen auszumachen“, räumte der Präsident der Europäischen Berufsimker, Walter Haefeker, ein. Es sei aber wohl auch niemand unschuldig am Bienensterben und daher sei jeder für die Bienen verantwortlich. Sowohl die Imker und ihr Wissen über die Bekämpfung diverser Bienenschädlinge, wie auch die Landwirtschaft seien da gemeint - wobei es bei weitem nicht nur um Pestizide gehen würde. Es gehe auch um Mähverluste, fehlende Nistmöglichkeiten sowie um Lebensraum und Blütenvielfalt für Wildbienen.

Übereinstimmungen gab es bei den Gesprächen in vielen Punkten, etwa dass die Zahl der Bienenvölker in Österreich relativ konstant sei: Jedoch nur deswegen, weil die Imker die Verluste - über deren genaue Ursachen nach wie vor keine wissenschaftliche Klarheit herrscht - kompensieren. Etwas, dass „Jahr für Jahr schwieriger wird“, sagte Global-2000-Chemiker Burtscher unter Hinweis auf die Winterverluste, die heuer je nach Bundesland zwischen 20 bis 50 Prozent betragen hätten. Die Wildbiene, die in der langjährigen Debatte zuletzt ebenfalls immer mehr zum Thema wurde, erfahre zudem eine Zurückdrängung - wodurch der Kompensationsdruck auf die Imker zusätzlich steige. Nicht zuletzt seien Bienen auch ein Faktor der Ernährungssicherheit.

Wildbienen

Während die Honigbiene, aufgrund der Anstrengungen der Imker zahlenmäßig relativ stabil bleibe, ist die Wildbiene am Rückzug: „Auffällig sind die inzwischen größeren Stadtverluste“, führte der Präsident der Europäischen Berufsimker an. Ursache sei die neue Begeisterung für die Bienenhaltung, die ohne das notwendige Wissen - etwa bei der Bekämpfung der Varroa-Milbe - erfolge: „Wer etwas tun will und damit beginnt, hat auch Verantwortung“, kritisierte Haefeker. Er riet zu einer Alternative, nämlich Nistmöglichkeiten für Wildbienen zu schaffen.

Pestizide

Das Bienensterben wurde von den Diskutanten als „multifaktorielles Phänomen“ erkannt, bei denen Pestizide ebenfalls beteiligt sein dürften. „Was die Gewichtung der Faktoren angeht, da gibt es bisher wenig belastbares Material“, räumte Burtscher ein. Mehrere Projekte sollen das Bienensterben klären, so etwa das von Umweltminister Andrä Rupprechter (ÖVP) im Vorjahr angekündigte Projekt „Zukunft Biene“, das bis 2017 läuft, oder ein von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit initiiertes Projekt, das sich ebenfalls den „multiplen Stressfaktoren“ widmen wird.

Bei den EU-weit verbotenen Neonicotinoiden erneuerte der Obmann der IndustrieGruppe Pflanzenschutz (IGP), Christian Stockmar, seine Aussage, dass diese Stoffe keinen Beitrag zum Bienensterben leisten würden. Dass es trotz Verbot weiterhin Verluste gibt, würde dies zeigen. Wobei Stockmar unter Berufung auf Zahlen der UN-Welternährungsorganisation FAO auch darauf hinwies, dass die Zahl der Bienenvölker global und auch in Österreich zunehme.

Kommentare