Der Weihnachtsbaum der Zukunft

Der Weihnachtsbaum der Zukunft
Exemplare, die dank Glühwürmchen selbst leuchten oder perfekte Klon-Tannen: Forscher tüfteln an kuriosen Alternativen zum Christbaum.

Harzduft, kerzengerader Wipfel und ausladende Zweige – den Weihnachtsbaum, maßgeschneidert wie ein Anzug, hält Thomas Greb für umsetzbar. Der Biologe erforscht am Gregor-Mendel-Institut für Molekulare Pflanzenbiologie in Wien das Wachstum von Pflanzen. Jetzt, in der Vorweihnachtszeit, beschäftigt ihn der perfekte Christbaum. Und da gibt es kuriose Visionen – etwa, wie sich die Form verändern ließe. „Man müsste den Baum zum richtigen Zeitpunkt mit den entsprechenden Pflanzen-Hormonen behandeln.“

Künstlicher Duft

Den typischen Harz-Geruch, der den beliebten Nordmanntannen aufgrund ihrer gewachsten Nadeln fehlt, könnte man stimulieren. „Harz wird freigesetzt, um Krankheitserreger, Bakterien und Pilze abzuwehren. Indem man ihnen Verletzungen zufügt, könnte man diesen Prozess künstlich in Gang bringen.“ Technisch einfacher wäre es, bestimmte Eigenschaften von Arten wie Wuchsform und Duftproduktion durch Kreuzen zu kombinieren, erklärt Greb. Den Effekt sieht man wegen der langen Wachstumsphase von Bäumen allerdings erst nach 20 bis 50 Jahren. Der Biologe ist von diesen Visionen weniger überzeugt. „Ich verstehe, dass manchen Menschen der Geruch bei den Nordmanntannen fehlt. Aber ich bin mir nicht sicher, ob sie eine eher untypische Form wünschen.“

Erleuchtet – ohne Kerzen

Nicht nur Form und Geruch der Bäume, auch die Beleuchtung könnte – theoretisch – aus dem Labor kommen. Es gibt einen umweltfreundlichen Weg, elektrische Christbaumkerzen zu steuern: indem man das Leitsystem der Pflanzen nutzt. „Studien zeigen, dass Pflanzen selbst elektrische Signale leiten. Sie haben Transportsysteme für Zucker und Wasser, die wie Adern als Leitsysteme für Informationen dienen. Wenn eine Raupe ein Blatt anknabbert, erfahren andere Stellen der Pflanze auf diese Weise, dass ein Angriff auf sie stattfindet."

Bäume, die selbst Licht erzeugen, hält Greb für technisch machbar. „Dafür müssten sie Proteine bilden, die zum Beispiel aus Glühwürmchen stammen. Man kann die Pflanzen dazu bringen, diese Proteine produzieren zu lassen, damit sie leuchten. Das würde ein schwaches, aber geheimnisvolles Glimmen erzeugen.“
Wie Lichterschmuck in Zukunft durch Lebewesen erzeugt werden könnte, beschäftigte Studenten an der Universität Cambridge in der Praxis. Sie haben das Gen-Material von Glühwürmchen und einem fluoreszierenden Meeresbakterium so verändert, dass die Organismen mehr und deutlich aktivere lichterzeugende Enzyme herstellten. Dank dieser Erkenntnisse entwickelten sie „BioBricks“ – künstliche Erbgut-Bausteine, die sich in Organismen einschleusen lassen, um Licht zu erzeugen. Die Jungforscher konnten mithilfe von Bakterienkulturen die Leuchtkraft einer Lampe so verstärken, dass sie ausreicht, um ein Buch zu lesen. In Nordmanntannen wurden die Bausteine noch nicht getestet. Student Theo Sanderson hat sich dennoch das Ziel gesetzt, dass selbstleuchtende Bäume eines Tages die Straßen säumen oder zu Weihnachten in den Häusern stehen werden.

Klon-Bäume

Damit die Menschen in Zukunft nicht auf ihren beliebtesten Weihnachtsbaum verzichten müssen, tüfteln Forscher auch an verbesserten Produktionswegen. Die Ingenieure im Gartenbauzentrum Münster-Wolbeck versuchen, in Zusammenarbeit mit der Humboldt-Universität zu Berlin, die Samen von Nordmanntannen zu klonen und so den Nachschub sicherzustellen. Karl Schuster von der „ARGE NÖ Christbaum- und Schmuckreisigproduzenten“ sagt, warum die Nordmanntannen rar werden könnten: „Die Samen kommen aus Georgien und Südrussland, einer unsicheren, politisch instabilen Gegend. Viele befürchten, dass aufgrund von Unruhen einmal einige Jahre nicht geerntet werden kann. Das wäre fatal, weil der Samen der Nordmanntanne nur fünf Jahre im Gefrierschrank hält und danach die Keimfähigkeit sehr stark sinkt.“

Karl Schuster erklärt das aufwendige Klon-Verfahren: „Man nimmt die Knospe eines Baumes oder ein Samenkorn und zerlegt es im Labor, bringt es auf ein Nährmedium und macht viele winzige Pflänzchen daraus. So erhält man viele Pflanzen mit derselben Erbinformation, diese sind daher ident, sehen also auch gleich aus.“ Das Problem: Die Pflanzen wachsen im Labor an, im Freiland überleben sie nur selten.

In Dänemark und Deutschland werden bereits einige Tonnen Nordmanntannen-Saatgut geerntet. In Frankreich und Österreich gibt es Plantagen, die in einigen Jahren möglicherweise Samen von Nordmanntannen liefern könnten. Einzelne Bäume auf der Plantage in Horn hatten bereits Zapfen. „Damit habe man aber noch keine Garantie, dass die Qualität der Bäume aus diesen Samen optimal sei, sagt Schuster und erzählt von Nordmanntannen, die sich schon mal mit Weißtannen einlassen: „Es besteht die Gefahr, dass Pollen der heimischen Weißtanne in die Plantage fliegen“, erklärt er. Was man dann erhält, nennt sich Bastard. Und der ist in der heilen Weihnachtsbaumwelt eher unerwünscht.

Der Brauch, grüne Zweige zur Winterzeit ins Haus zu holen und am Tram (Stützbalken) festzumachen, ist bereits aus der Antike überliefert – je nach Verfügbarkeit waren das Zweige vom Wacholder, Rosmarin, Mistel oder Stechpalme. Das Wintergrün im Haus sollte Glück bringen. Eine Ausstellung im Volkskundemuseum beleuchtet die Geschichte des Baums, sowie seine Entwicklung zum Symbol für eines der wichtigsten Familienfeste im Jahreslauf. In der Baumschule im Garten des Museums wird die Entwicklung vom Setzling zum Verkaufsbaum gezeigt.

Aus dem Zweig entwickelte sich im Lauf der Jahrhunderte ein ganzer Baum, der zunächst im Freien, später in der Stube stand. Diese Bäume waren unbeleuchtet, Nadelbäume, Buchs, Schlehdorn und Wacholder waren in Verwendung.

Die Erfindung des Stearins ermöglichte die Herstellung preisgünstiger Kerzen und so konnten Weihnachtsbäume die dunkle Jahreszeit erleuchten – 1814 erstmals in Wien. Das Zentrum bürgerlicher Salonkultur bildete sich damals in den Häusern Fanny Arnsteins, ihrer Schwester Cäcilia und von Fanny Arnsteins einziger Tochter Henriette Pereira-Arnstein. Das erste Christbaumfest in der Residenzstadt „nach Berliner Sitte“ fand auch im Hause der Pereira-Arnstein statt, nachzulesen im Standardwerk von Just, Maderthaner und Maimann („Der Wiener Kongress, Die Erfindung Europas“, Carl Gerold’s Sohn, 90 Euro). 1830 wurden erstmals auf einem Christkindlmarkt auf der Wiener Freyung Christbäume zum Verkauf angeboten. Die Bäume wurden damals die Donau heruntergebracht und gleich von den Schiffen weg verkauft, um die Marktgebühren zu umgehen. Die ersten Christbaumkugeln wurden um 1850 in Deutschland hergestellt, als die Geschenke zu schwer wurden und Platz für Zierrat aus Glas, Tragant oder Watte vorhanden war.Martin Burger

Ausstellung

Baum-Zeit! Vor und nach dem Fest, 23.11. 2014–15. 2. 2015, im Volkskundemuseum Wien 8, Laudongasse 15.

Der Weihnachtsbaum der Zukunft
Kurier Infografik, für online, Christbäume in Österreich

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