Tschetschenien: Schwule geben Verfolgten eine Stimme

Tschetschenien: Schwule geben Verfolgten eine Stimme
Seit Wochen häufen sich Berichte über die Verfolgung von Homosexuellen in Tschetschenien.

Laut Recherchen der russischen Zeitung Nowaja Gaseta wurden in Tschetschenien mehr als 100 Männer "im Zusammenhang mit ihrer nicht-traditionellen sexuellen Orientierung - oder deren Verdacht" festgenommen. Mit diesen Worten wird in Russland oft Homosexualität umschrieben. Die Familien der Homosexuellen seien zu "Ehrenmorden" gedrängt worden - Informationen, die von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch bestätigt werden. Mindestens drei Menschen seien bisher von ihren eigenen Familien getötet worden oder durch Misshandlungen gestorben.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights First hat Aussagen von Männern gesammelt, die Gewalt in Tschetschenien erlebt haben und diese von homosexuellen Männern für ein Video vorlesen lassen. Die zu Wort kommenden Männer sind ebenfalls geflohen und leben mittlerweile in die USA, wo sie auf Asyl hoffen. Das Video ist in Zusammenarbeit mit der russisch-amerikanischen LGBT-Vereinigung Rusa entstanden.

"Keine Schwulen in Tschetschenien"

Auch in Russland werden Schwule oft angefeindet, doch insbesondere im konservativen, muslimischen Tschetschenien gilt Homosexualität noch immer als Verbrechen, das manche Familien sogar mit sogenannten Ehrenmorden ahnden. Bereits seit Jahren gibt es Berichte über Misshandlungen und Entführungen von Homosexuellen durch die Milizen von Präsident Ramsan Kadyrow.

Kadyrow dementierte gegenüber Russlands Staatschef Wladimir Putin jegliche Übergriffe auf Homosexuelle. Sein Sprecher behauptete, in Tschetschenien gebe es gar keine Schwulen. Putin selbst gab keinen Kommentar ab, sein Sprecher Dmitri Peskow sagte, eine Untersuchung sei eingeleitet worden, doch bisher seien die Vorwürfe "nicht bestätigt".

Empörung im Ausland

Im Ausland sorgten die Berichte für Empörung, die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Nikki Haley, äußerte sich "beunruhigt". In Stockholm bestellte das schwedische Außenministerium nach Angaben einer Sprecherin den russischen Botschafter Viktor Tatarinzew ein, wegen "alarmierender Informationen, wonach Homosexuelle in Tschetschenien inhaftiert und gefoltert wurden".

In Moskau unterstützt die Homosexuellen-Vereinigung LGBT-Liga die geflohenen Tschetschenen. Sie erhalte "drei bis vier Hilferufe täglich", sagt die Leiterin des Moskauer Büros, Olga Baranowa. Insgesamt seien bereits fast 20 Gefährdete nach Moskau geschleust worden.

Kommentare