Vom Aktienhändler zum Backpacker
Früher erklärte Tomislav Perko den Menschen, wie sie möglichst schnell ihr Geld vermehren. Heute sagt er ihnen, wie sie mit möglichst wenig davon um die Welt reisen. Durch den Bankencrash 2008 verlor der BWL-Student und Aktienhändler aus Zagreb seinen Job und hatte Schulden. Der Neuanfang gelang ihm nicht zu Hause, sondern draußen in der Welt.
KURIER: 40 Länder und 50.000 Kilometer haben Sie hinter sich. Was lernt man dabei?Tomislav Perko: Sehr vieles. Die wichtigste und gleichzeitig schwierige Erfahrung war aber, zu gehen. Meine Eltern und Freunde verlassen und ins Ungewisse starten, das war hart. Autostoppen, den Ozean überqueren, in Afrika oder im Amazonas leben war dagegen einfach. (lacht)
Ist es einfacher, alles zurückzulassen, wenn man eine Krise hat?
Es kann einfach sein, wenn man gezwungen ist, sein Leben zu ändern. Wenn ich kein Aktienhändler gewesen, es zu keiner Finanzkrise gekommen wäre, hätte ich mich vielleicht gefragt, ob ich nicht lieber bleiben soll. Denn dann hätte ich Sicherheit, einen Job, Einkommen.
Genau daran scheitern viele Pläne von Weltreisen.
Wir Menschen neigen dazu, alles zu überdenken. Dabei sollte man es einfach tun. Nachdenken kann man später. Ich hatte niemals einen Plan B, deshalb hat es auch funktioniert.
Was ist daran falsch, eine Alternative in petto zu haben?
Wenn ich etwas will, konzentriere ich mich nur darauf. Mit einem Plan B neigt man dazu, schneller aufzugeben. Es ist der einfachste Ausweg aus einer Entscheidung.
Sie waren pleite und haben sich entschieden, wegzugehen bzw. im Ausland zu arbeiten. Sie sind mit weniger als zehn Dollar pro Tag ausgekommen. Wie funktioniert das?
Wie hat sich Ihr Verhältnis zu Geld verändert?
Ich sehe es heute als Mittel zum Zweck, um Dinge anzuschaffen. Es ist nicht mein Lebensinhalt und hat keinen Einfluss darauf, ob ich mich gut oder schlecht fühle.
Social Media, Google Maps – wie viel Abenteuer steckt heute noch im Backpacken?
Es macht das Reisen einfacher. Natürlich hat man dadurch weniger Herausforderungen, aber man kann das Internet auch ignorieren und sich vor Herausforderungen stellen. Ich hab’s genutzt, um mit Leuten in Kontakt zu kommen, bevor ich in eine Stadt reiste. Oder um gute Plätze zum Autostoppen zu finden. Und um auf Facebook und im Blog über meine Reise zu schreiben.
Apropos Facebook. Mit dem Rucksack am Rücken um die Welt – das ist vor allem bei Jungen zum Statussymbol geworden. Was lernt man dabei noch?
Derzeit lassen sich viele aus Angst vor Anschlägen und Gewalt davon abhalten.
Wir haben Angst, weil wir jeden Tag die Dinge, die in- und außerhalb unseres Landes passieren, verfolgen. Es wird aber immer etwas passieren: Wenn es nicht Terror ist, dann eine Krankheit oder ein Virus. Menschen streben nach Sicherheit und Überleben – die Welt ist aber nicht gefährlich. Man soll auf seinen Instinkt hören, seinen gesunden Menschenverstand. Ich musste vor meiner Reise alle Vorurteile und Ängste aus dem Kopf bekommen. Ich hätte sonst nie Orte wie Afghanistan, Pakistan oder den Iran so intensiv erleben können. Die einzige negative Erfahrung, die ich je gemacht habe, war im Zentrum meiner Heimatstadt. In Zagreb wurde ich von Fußballfans attackiert. Gefährliches kann auch in der Nachbarschaft passieren, ein Auto kann dich überfahren. Das vergessen die Leute oft.
Sie sind derzeit in Bali, schreiben am zweiten Buch, dann geht’s zurück nach Zagreb. Sind Sie reisemüde geworden?
Die vergangenen fünf bis sechs Jahre bin ich nur gereist. Ich will nicht mehr so viel weg und würde mich gerne wo niederlassen und vielleicht eine Familie gründen. Oder ein Projekt starten. Aber, ich bin froh, dass ich viel von der Welt gesehen habe, sonst würde ich mich vielleicht immer fragen, warum ich es nicht getan habe.
Buchtipp:
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