Teures System, schlechte Noten

APA10589326-2 - 11122012 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT II - THEMENBILD - Illustration zum Thema PIRLS uns TIMSS Studien: Schuelerinnen einer Volksschulklasse beim Mathematikunterricht im Klassenzimmer in einer Schule bei Wien. APA-FOTO: ROLAND SCHLAGER
Ministerin Schmied will die Sprach- und Leseförderung in den Schulen verbessern

Zahlen, Daten, Fakten über das heimische Schulsystem liefert der zweite nationale Bildungsbericht, den Ministerin Claudia Schmied am Montag präsentiert hat. Eine Expertengruppe soll bis März auf Basis dieser Daten ein detailliertes Gesamtkonzept erstellen, wie Kinder in Zukunft besser sprechen und lesen lernen. Denn das Ministerium legt derzeit auf die Sprachförderung ein besonderes Augenmerk. Viel Neues verrät die Studie nicht, wie die Ergebnisse in ausgewählten Bereichen zeigen.

Finanzen

Österreichs Bildungssystem ist vergleichsweise teuer. In der EU geben nur die Dänen noch mehr Geld für Bildung aus. Länder wie Finnland oder die Niederlande investieren weniger Geld in das Schulsystem und haben dennoch weniger Schüler, die kaum lesen oder rechnen können. In Österreich sind die Bildungsausgaben in den Jahren 2000 bis 2009 auch deshalb um ein Viertel gestiegen, weil das verpflichtende Kindergartenjahr eingeführt wurde.

Kindergarten Wissenschaftler drängen darauf, die frühkindliche Bildung zu verbessern. Ein Ausbau der Kindergartenplätze allein reiche nicht aus. Auch in die Qualität müsse investiert werden. Dazu gehört, dass Pädagogen besser ausgewählt und ausgebildet werden.

Sprachförderung

Sie ist ein Kernpunkt des Bildungsberichts. Entwicklungspsychologe Alfred Schabmann berichtet, dass Österreich im internationalen Vergleich sehr viele Schüler hat, die nicht einmal die einfachsten Texte verstehen können. „Und wir haben auch sehr wenige Schüler im Spitzenfeld.“ Der Wissenschaftler nennt mehrere Ursachen: „Die Leseförderung hört oft mit der Volksschule auf, das ist ein Fehler. Sie muss während der gesamten Pflichtschulzeit passieren.“ Ein großes Defizit gebe es in der Lehrerfortbildung. „Die Angebote reichen nicht aus.“

Ministerin Schmied verwies darauf, „dass nicht nur die Deutschlehrer dafür verantwortlich sind, dass die Schüler die Unterrichtssprache Deutsch beherrschen. Auch die anderen Lehrer müssen sich darum kümmern.“ Schmied warnte davor, die Sprachförderung zum Wahlkampfthema zu machen. „Alles, was in Richtung Diskriminierung für einen vermeintlichen Ausländerwahlkampf geht, bekommt von mir eine klare Absage.“ Es dürfe keine „Abwertungskultur geben, die dieses Land im vergangenen Jahrhundert schon einmal erlebt hat.“

Chancengleichheit

Bildung wird in Österreich immer noch stärker vererbt als in anderen EU-Staaten. Das hat viele Ursachen. Etwa der späte Eintritt in den Kindergarten. Wissenschaftler sehen die Lösung darin, dass Schulen in sozialen Brennpunktzonen mehr finanzielle Mittel bekommen. Auch der Ausbau von qualitativ hochwertigen Ganztagsschulen könnten einen Ausgleich schaffen. Mit einem Vorurteil räumte Barbara Herzog-Punenberger vom Bildungsforschungsinstitut BIFIE auf: „Migranten sind nicht per se schlechter gebildet als Österreicher. Im Gegenteil: Schüler aus Polen, Ungarn oder Tschechien sind überproportional in den Gymnasien vertreten. Anders bei Schülern, die türkische Wurzeln haben. Die machen in Österreich eher selten Matura.“ Doch das müsse nicht sein: „Länder wie Australien oder Kanada machen vor, wie man bildungsarme Kinder zu höheren Abschlüssen bringt.“

Unterstützung PISA- Siegerländer wie Finnland oder Kanada haben an ihren Schulen weitaus mehr Psychologen, Sozialarbeiter und Therapeuten. Gerade in Brennpunktschulen fehlen diese Experten besonders.

Info:

Der nationale Bildungsbericht wurde erstmals 2009 vorgelegt. Am Montag wurde der zweite Bericht veröffentlicht. Verantwortlich für die zwei Bände ist das Forschungsinstitut BIFIE.Laut Ministerium sollen die Daten eine Grundlage für einen bildungspolitischen Diskurs und für die Schulentwicklung bieten.


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