Ein Brett, das die Welt bedeutet

Ein Brett, das die Welt bedeutet
Jacob Smilg, 14: Mit Hilfe seiner Erfindung kann der schwer behinderte Ethan erstmals wieder kommunizieren.

Ein heißer Nachmittag bei einem Jugend-Sommercamp, irgendwo in Indianapolis. Ferienzeit, Leichtigkeit, Sonne – am Horizont erste Gewitterwolken. Der zwölfjährige Ethan Kadish bringt gerade ein paar Buben bei, Ultimate Frisbee zu spielen, da trifft ihn ein Blitz, aus tiefblauem, heiteren Himmel – einfach so. Es ist jener Augenblick im Jahr 2013, der für ihn alles verändert. Ethan überlebt, erleidet aber schwerste Gehirnverletzungen. Zwei Jahre lang kann er nicht mit seiner Familie kommunizieren. Er benötigt 24-Stunden-Pflege, wird künstlich ernährt und kann sich nicht ohne Hilfe bewegen. Die Ärzte prophezeien, dass er nie mehr wieder fähig sein wird, mit einem Menschen zu kommunizieren. Doch im vergangenen Herbst beginnt Ethan plötzlich mit den Augen zu zwinkern. Das ist der große Moment von Jacob Smilg.

Eine Idee für Ethan

Ein Brett, das die Welt bedeutet
Jacob und Ethan kennen einander seit langer Zeit. Als der von Ethans Fortschritt erfährt, macht er sich sofort an die Arbeit und bastelt für ihn ein LED-Brett mit einem grünen Y für Ja und einem roten N für Nein. Der Bau des Geräts kostet weniger als 45 Euro. Dank Jacobs Erfindung kann Ethan zum ersten Mal seit zwei Jahren die Fragen seiner Familie direkt beantworten. Neigt Ethan seinen Kopf leicht nach links, blinkt das Ja, neigt er seinen Kopf nach rechts, blinkt es Nein. Kommenden Samstag wird Jacob (14) als einer der jüngsten Sprecher bei der diesjährigenTEDx-Vienna-Konferenzauf der Bühne des Wiener Volkstheaters stehen. Seine Botschaft: "Ich möchte Menschen nahelegen, dass jeder Fähigkeiten lernen kann, mit denen man anderen Menschen helfen kann." Der KURIER unterhielt sich mit Jacob via Email.
Ein Brett, das die Welt bedeutet
KURIER: Was passierte, als du von Ethans Unfall erfahren hast?

Jacob Smilg: Es war schrecklich und danach folgte eine furchtbare Woche. Ethans Leben hing an einem seidenen Faden. Meine Eltern fuhren sofort nach dem Unfall zu Ethan und seinen Eltern ins Krankenhaus. Meine Familie und 400 weitere Menschen unserer Gemeinde wurden dann rasch zu "Team Ethan", um Geld für ihn zu sammeln.

Wie kam dir die Idee zu deiner Erfindung?

Die Idee für das LED-Brett hatte ich, als ich erfuhr, dass Ethan erstmals kommunizieren konnte. Meine Mutter zeigte mir ein Video, auf dem man sah, wie er mit den Augen zwinkert. Daraufhin habe ich mich hingesetzt und hatte den Einfall. Er musste entwickelt werden, aber war sofort da.

Wie war das, als dein Freund es erstmals probieren durfte?

Das war Thanksgiving vergangenes Jahr. Meine Familie hatte die Kadishs und andere Freunde zum Essen geladen. Danach versammelten sich alle um Ethan und er testete das Gerät. Alle begannen ihm Fragen zu stellen, die er mit Ja oder Nein beantwortete. Einfache Fragen – zu seinem Namen oder seinem Lieblings-Sportteam. Er und seine Familie waren überglücklich, dass sie das erste Mal wieder miteinander kommunizieren konnten.

Fühlst du dich als Erfinder?

Nein. Ich würde mich eher als jemand mit einem Hobby bezeichnen. Aber natürlich ist es cool, dass mich Leute so sehen. Es ist einfach: Mein Freund brauchte Hilfe, also habe ich an diesem Brett gearbeitet – täglich nach der Schule, ein paar Wochen lang, bis ich einen Prototypen zum Testen hatte. Meine Mutter ist mittlerweile von vielen Journalisten kontaktiert worden und die Ellen-DeGeneres-Show rief an, um mit uns und der Kadish-Familie zu sprechen. Eine kleine Elektronikfirma unterstützt mich, das Video, auf dem Ethan die Fragen beantwortet, wurde viral. Das ist alles sehr cool. Dass ich aber nach Wien kommen und dort sprechen kann, ist das bisher Coolste.

Brauchen Menschen etwas, wofür sie Leidenschaft haben?

Unbedingt! Es ist extrem wichtig, etwas zu haben, wofür man brennt oder das hilft, kritisch und kreativ zu denken – wie Sport, Schreiben, Musik, Elektronik. Es ist wichtig, Dinge auszuprobieren und zu lernen – um besser zu werden. Das, was ich gemacht habe, war nicht teuer und kann man sich selbst einfach beibringen. Und jetzt bin ich zufrieden, dass es mir gelungen ist, Ethan und seiner Familie zu helfen.

Die TEDx-Konferenz in Wien steht im Zeichen des Slogans "Out there". Motto: Jeder Mensch kann die Welt verbessern, unabhängig vom Alter oder wie hoch die Ersparnisse sind. Neben Jacob Smilg präsentieren 19 weitere Sprecher ihre Visionen und Ideen. Die Regeln: Ein Talk soll nicht länger als 18 Minuten dauern und es wird frei gesprochen. Einer der berührendsten Talks stammt von Steve Jobs. In "How to live before you die" sprach er vor der Abschlussklasse der Stanford University im Jahr 2005 über Träume, Möglichkeiten und Vergänglichkeit. Im Angesicht seines nahenden Todes mutet die Rede heute noch sehr besonders an.

Ein Brett, das die Welt bedeutet
Muqeem Khan talks about preserving our past -- with toys of the future. Onstage at TED@Doha, the first of TED's Worldwide Talent Search events, during TEDxSummit. April 17, 2012, in Doha, Qatar. Learn more about TED's Worldwide Talent Search: http://conferences.ted.com/TED2013/ Photo: James Duncan Davidson
Die drei Buchstaben TED stehen für "Technology, Entertainment, Design". Erfunden wurde das Format, irgendwie logisch, im technologieverliebten Kalifornien, genauer gesagt in Monterey. Dort fanden ursprünglich auch die ersten Konferenzen statt. Der Fokus liegt auf Innovationen.

TED & TEDx

Im Talk spricht ein Speaker daher über große Themen und Fragen der Gegenwart. Ziel ist es, maximal zu inspirieren, Dinge anders zu sehen, neue Lösungen und Blickwinkel zu präsentieren. Es gibt TED Talks sowie TEDx-Talks – der Unterschied: Seit 2009 ermöglicht die TED unabhängigen Organisatoren, eigene Konferenzen unter dem Namen TEDx zu veranstalten. Es ist also ein globaler Ableger, daher gab es etwa schon die TEDxDonauinsel in Wien oder die TEDxBerlin.

Viele Gedanken von TED-Talker gingen in die "Geschichte" ein – zwei schöne Beispiele: "Das Geheimnis des Glücks sind geringe Erwartungen" (Barry Schwartz). "Wenn du den Mond anschaust, spürst du, wie klein du bist. Und du denkst: Was sind meine Probleme? Das gibt Dingen eine neue Perspektive. Wir alle sollten viel öfter den Mond anschauen" (Alain de Botton).

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