Wie Technik unser Gefühl für Intimität verändert

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Beim TEDx-Talk in Wien diskutieren Experten, wie Technologie Einsamkeit kompensiert.

Wozu noch echte Beziehungen mit echten Menschen – inzwischen kann sich jeder per App Liebesbotschaften vom maßgeschneiderten Partner schicken lassen, um sein Ego zu streicheln. Und selbst körperliche Bedürfnisse können mit modernem Sexspielzeug gefühlsecht befriedigt werden. Freundschaften werden ohnehin schon immer mehr über soziale Netzwerke gepflegt. Doch können Roboter Einsamkeit wegstreicheln?

Kommenden Freitag findet im Wiener MAK der jährliche TEDxViennaSalon statt, bei dem internationale Redner verschiedene Blickpunkte zu einem aktuellen Thema erörtern. Diesmal geht es um die Zukunft der Intimität. Denn mit dem rasenden Fortschritt verändern sich auch unsere Beziehungen zu- und miteinander.

Plötzlich kennen soziale Medien unsere persönlichen Vorlieben besser als unsere engsten Freunde. Sie erinnern uns an Geburtstage und speichern peinliche Erinnerungsfotos – unser Leben spielt sich immer mehr im Internet ab.

Falsche Schatzis

Umgekehrt schieben sich technologische Entwicklungen zunehmend ins Beziehungsleben – wer bei der Online-Partnersuche nicht erfolgreich war, oder von echten Beziehungspartnern die Nase voll hat, bastelt sich seinen Partner einfach selbst. Über Apps wie "Invisible Boyfriend/Girlfriend" kann sich jeder seinen Traumpartner inklusive kitschiger Kennenlerngeschichte kreieren – und mit ihm oder ihr eine SMS-Beziehung führen. Das reicht zumindest, um andere von seinem erfundenen Schatzi zu überzeugen.

Künftig können Roboter sogar den Sexpartner ersetzen. Eines der führenden Unternehmen auf dem Gebiet des intimen Austauschs via Internet ist "Kiiroo". Beim TEDx-Talk berichtet Geschäftsführer Toon Timmermans über die Welt der "Teledildonics". Die interaktiven Sexspielzeuge sollen es Männern wie Frauen ermöglichen, in Echtzeit über das Internet zu verkehren. Jede Berührung wird virtuell auf das Gerät und damit auf die Geschlechtsteile des Gegenübers übertragen. Auf dem Pornografie-Markt dürfte das jedenfalls gut ankommen.

Mit ihrem Projekt body>data>space berichtet die Künstlerin Ghislain Boddington über ihre Fortschritte im Bereich der körpergesteuerten Technologien. Ihr Ziel ist es, den Körper zu befreien und Berührungen, Gerüche und Geschmäcker übertragbar zu machen. Bei diesem "Biofeedback-Austausch" geht es ihr darum, herauszufinden, "welche Informationen den Körper verlassen und welche man zurücksenden kann".

Nicht zuletzt geht Dan Chen vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) der Frage nach, was Intimität ohne Menschlichkeit bedeuten würde.

Ob die technisierte Liebe Einsamkeit vertreiben kann, ist fraglich. Und ob so eine Robo-Liebe langfristig gut gehen kann auch – jedenfalls für die Zukunft der Menschheit und deren Fortpflanzung. Wenigstens dürfte die Trennung recht unkompliziert sein.

Info

TED (Technology, Entertainment, Design) ist eine Innovations-Konferenz. Das x steht für individuelle Veranstalter weltweit. Das Wien-Event ist ausverkauft, aber die Vorträge sind online abrufbar:

www.tedxvienna.at

„In jedem Haushalt wird es zukünftig mehrere Roboter geben.“ Das erklärte der Wirtschaftsinformatiker Oliver Bendel am Rande einer Sitzung der Bioethikkommission zum Thema „Roboter in der Pflege“ am Montag in Wien. Angesichts der alternden Gesellschaft in den Industrieländern in den kommenden Jahrzehnten will man dieses „kontroverse und spannende Thema“ diskutieren.

Prototypen solcher Pflege-Roboter soll es bereits geben, doch ob und wie sie eingesetzt werden, hänge stark mit deren Akzeptanz und dem Einsatzgebiet zusammen. So gebe es etwa Hinweise, dass es manche Menschen sogar bevorzugen würden, wenn etwa das Waschen des Intimbereichs von Maschinen übernommen würde.
Markus Wohlmannstetter von der Wiener Krankenanstalt Rudolfstiftung betonte, dass „man Pflege durch Menschen nicht komplett ersetzen, aber unterstützen kann“.

Zum Rundum-Pfleger würden die Maschinen zwar noch länger nicht, doch bereits ihr Einsatz in Nischen werfe eine Reihe von Fragen auf, so der Tenor unter den Experten. Dazu gehören nicht nur ethische und technische Fragen, aber auch wer dann etwa für Fehler von solchen Robotern haften würde.

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